Google

WWW
buerger-fuer-technik.de
 

Radon

Home > Themen > Energie > Kernenergie > Radon

Bericht von Dr. Lutz Niemann vom 18.05.2005
zum Thema

Radon

Der politisch motivierte Kampf gegen die Nutzung der Kernenergie in unserem Lande wird durch Angst- und Panikmache geführt. Durch jahrzehntelange Demagogie erhielten die Wörter Radioaktivität und radioaktive Strahlung ein negatives Image, sie erzeugen heute Angst bei den Menschen. Damit ist eine sachliche Diskussion der physikalischen und medizinischen Zusammenhänge nur noch eingeschränkt möglich. Im Sommer 2004 wurde diese Angstkampagne vom Bundesumweltministerium fortgesetzt, indem ein Radonschutzgesetz angekündigt wurde. Dabei geht es wieder um den Schutz des Bürgers vor radioaktiver Strahlung, eben der des radioaktiven Edelgases Radon, dass überall in unserer natürlichen Umwelt vorhanden ist, und damit auch in unseren Wohnräumen. Erste Schlagzeilen wie „Krebs durch Gase aus der Erde“ (DIE WELT, 01.07.04) oder „Unsichtbare Gefahr aus der Tiefe“ (Oberbayerisches Volksblatt, 07.01.05) erschienen in der Tagespresse und schafften Verunsicherung. Wie groß ist diese Gefahr nun wirklich? Wir wissen, es gab

  • die „Schneeberger Krankheit“, hervorgerufen durch Radon, die Bergleute schon lange Zeit vor der Entdeckung der Radioaktivität dahin gerafft hat.
  • Es gibt aber auch
  • die Radonheilbäder, allein 8 in Deutschland, wo mit Hilfe der Radioaktivität des Radons Heileffekte erzielt werden.
  • Und nun lesen wir in den Internetseiten des BMU von
  • 3000 Lungenkrebsfällen in Deutschland durch Radon in Wohnungen!
  • Diese Aussagen passen nicht zusammen, sie sind widersprüchlich. Im folgenden sollen die Zusammenhänge erklärt werden.

 

Grundlagen: Was ist Radon?

Radon ist ein radioaktives Edelgas, das in den natürlichen Zerfallsreihen der langlebigen Radionuklide Uran-238 (T ½ = 4,5 Mrd. Jahre), Uran-235 (T ½ = 0,7 Mrd. Jahre) und Thorium-232 (T ½ = 14 Mrd. Jahre) als Zwischenprodukt vorkommt. Da es als Edelgas keine chemische Verbindung bildet, ist es frei beweglich in den Hohlräumen der Erdkruste. Es kann sich anreichern, es tritt auch aus dem Erdboden heraus und befindet sich somit überall in unserer Atmosphäre. Natürlich ist die Radonkonzentration dort am höchsten, wo Uran in der Erdkruste angereichert wurde, das sind Uranerzlager. Aber wo Erze lagern, dort sind immer viele Metalle angereichert worden – auch Uran. Daher kommt Radon überall vor, auch wenn im Bergbau Uran nicht gerade das interessierende Metall war. In der Bodenluft – das ist die Luft in den Poren des Erdreichs und Klüften des Gebirges – ist die Radonkonzentration im allgemeinen zwischen 10 000 Bq/m³ und 100 000 Bq/m³. In Gegenden mit Erzlagerstätten werden auch über 500 000 Bq/m³ erreicht. Beim Austritt des Radons aus der Bodenluft wird es verdünnt, so haben wir in Deutschland im Freien eine Konzentration von ca. 15 Bq/m³. In unseren Wohnräumen liegt die mittlere Radonkonzentration bei 50 Bq/m³. In seltenen Fällen können aber auch höhere Werte von einigen 100 Bq/m³ auftreten, wenn das Radon durch Risse oder unabgedichtete Fugen des Kellergeschosses in die Häuser eindringen kann. In Schneeberg wurden auch viele 1000 Bq/m³, im Extremfall sogar 100 000 Bq/m³ gemessen.

In gelöster Form befindet sich Radon auch im Grundwasser, wiederum in besonders hoher Konzentration in Quellwässern von Gegenden mit Erzvorkommen.

Radon ist ein Alpha-Strahler. Die Strahlung hat eine geringe Reichweite von ca. 30 µm im menschlichen Gewebe und kann die Haut nicht durchdringen. Um im Körper eine Wirkung zu entfalten, muß es also zunächst mit der Atemluft, der Nahrung und Trinkwasser oder über die Haut in den Körper gelangen. Die geringe Reichweite der Alpha-Strahlung im Gewebe hat zur Folge, dass dessen Energie im Gewebe innerhalb weniger Zellen umgesetzt wird. Die biologische Wirksamkeit ist 20-mal so hoch wie bei Beta- oder Gammastrahlung (Qualitäts- oder Wichtungsfaktor), daher ist eine sorgsame Betrachtung der durch Alpha-Strahlung im menschlichen Körper verursachten Wirkungen notwendig.

 

Die „Schneeberger Krankheit“

Schon vor einigen hundert Jahren starben viele Bergleute in den Gruben des Erzgebirges an einer tödlichen Lungenkrankheit, die als „Schneeberger Krankheit“ nach dem Ort Schneeberg benannt wurde. Es war Lungenkrebs, der die Bergleute in Urangruben und auch in anderen Bergwerken zum Opfer fielen. Besonders tragisch war das in den Urangruben der Wismut AG in den Nachkriegsjahren 1950 bis 1960. Die Ursachen waren damals noch nicht bekannt, heute weiß man um die drei hier zusammentreffenden Beiträge zu dieser Krankheit:

  • Radon
  • Staub und Dieselruß
  • Rauchen
  • Die sich in den Lungen der Bergleute ablagernden Staubteilchen sind Mineralien, die mit Arsen und anderen toxischen Schwermetallverbindungen behaftet sind, und die zusätzlich noch Alpha-Strahlung freisetzen. So werden die mit Staub belegten Schleimhäute durch Giftstoffe und durch die Strahlung des Radons und seiner Folgeprodukte belastet.

Es ist lange bekannt, dass allein schon der Steinstaub für die Lunge zu Schäden führt. Die Staublunge oder Silikose ist eine Berufskrankheit der Kumpel in Kohlegruben oder anderen Bergwerken oder auch in Industrien mit starkem Staubanfall. Aus Tierversuchen ist bekannt, dass inerte Staubteilchen allein Krebs in der Lunge auslösen können (SiO2 oder technischer Kohlestaub ohne PAK-Anhaftungen - Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe). Bei den Bergleuten kam erschwerend hinzu, dass sie meistens rauchten. Bekanntlich ist das Rauchen bei rund 80% der Lungenkrebsfälle die Krankheitsursache.

Es gibt epidemiologische Erhebungen zu den Bergarbeitern mit Radonexposition, die 30 000 Personen umfassen. Als das Problem und seine Ursache erkannt worden ist, hat man durch bessere Bewetterung der Gruben und Bohren/Abbauen unter Wasserzufuhr für Abhilfe gesorgt. Man hat festgestellt, dass sich die beiden Risiken „Radon“ und „Rauchen“ nicht nur addieren, sondern dass sie sich gegenseitig verstärken. Beide Risiken sind über einen multiplikativen mathematischen Zusammenhang miteinander verbunden. Diesen Zusammenhang hat man später beim Radon in Wohnungen benutzt, um den Einfluss des Rauchens dort rechnerisch zu eliminieren.

Zur Radonkonzentration in der staubigen Grubenluft der Uranbergwerke in den Jahren 1950 bis 1960 findet man vom Bundesamt für Strahlenschutz in der Deutschen Uranbergarbeiterstudie Angaben um 100 000 Bq/m³.

 

Die Radonheilbäder

Die Radontherapie in Heilbädern ist ein Mittel zur Schmerzlinderung bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, Morbus Bechterew, Arthritis, Asthma und auch Hautkrankheiten. Es kann zwar keine Heilung bewirken, gibt den Patienten aber eine Linderung ihrer Beschwerden, die bis zu mehr als ein ganzes Jahr anhalten kann. So bewirkt die Therapie eine dauerhafte Verbesserung der Lebensqualität der Patienten. Die Radontherapie wird in 3 Formen angeboten: Bei der Inhalationstherapie wird in einem Stollen im Berg stark radonhaltige Luft eingeatmet; bei der Trinkkur wird radonhaltiges Wasser getrunken und über den Magen-Darm-Trakt ins Blut überführt; bei Wannenbädern wird das Radon über die Haut und entweichendes Radon über die Lunge aufgenommen. Das aufgenommene Radon wird im Blut gelöst und durch den Kreislauf an alle Stellen des Körpers geführt. Aber das Radon wird auch sehr schnell wieder vom Körper ausgeschieden. Die biologische Halbwertszeit beträgt 20 Minuten, so ist 3 bis 4 Stunden nach der Aufnahme des Radons keines mehr im Körper nachweisbar. Einige Prozente des aufgenommenen Radons zerfallen im Körper. Das Radon gibt dem Immunsystem des Körpers einen Reiz, der zu einer Stärkung der Reparaturkapazität der Zellen führt. In der Medizin gibt es den Ausdruck „adaptive Antwort“ für dieses Verhalten des Körpers.

Im Gegensatz zu den Verhältnissen im Bergbau liegt das Radon in Heilbädern und in Wohnungen als einzelnes Edelgas-Atom vor. Eine chemische Verbindung oder Anlagerung des Edelgas-Atoms an Schwebstoffe der Luft kann nicht stattfinden. Damit besteht ein grundlegender Unterschied zu der Schädigung im Bergbau: Hier haben wir eine kurzzeitige Reizung des Immunsystems zur Aktivierung der Selbstheilungsfähigkeit, dort hatten wir ein Festsetzen von Staubpartikeln in der Lunge mit ständig anhaltender Wirkung der von den Partikeln ausgehenden Alpha-Strahlung auf die Schleimhautoberfläche und so dessen Schädigung.

Es gibt in Deutschland 8 Radonheilbäder, weitere in Österreich, Tschechien, Russland. In der EU werden pro Jahr 70 000 bis 80 000 Patienten in Radonheilbädern behandelt. Diese große Anzahl spricht für die Wirksamkeit der Kuren. Außerdem wurde inzwischen die Wirkung in wissenschaftlich unumstößlichen Doppelblindstudien erwiesen.

Die Radonkonzentrationen liegen bei der Inhalation im Bereich von 100 000 Bq/m³ Luft (Bad Gastein) bis 300 000 Bq/m³ Luft (Bad Kreuznach). Bei Trink- und Badekuren liegen die Radonkonzentrationen bei 400 000 bis 3 000 000 Bq/m³ Wasser.

 

Radon in Wohnungen

Natürlich hat die Erkenntnis der schädigenden Wirkung von Radon bei Bergleuten dazu geführt, dass beim überall in sehr viel geringerer Konzentration auftretenden Radon in Wohnungen nach eventuell vorhandenen schädigender Wirkung gesucht wurde. Bisher wurde noch nie ein direkter Nachweis für die Schädlichkeit vom Radon in so niedriger Konzentration gefunden.

Bei der jetzt vorliegende Fall/Kontroll-Studie von Prof. Wichmann (GSF), die als Grund für das Radonschutzgesetz anführt wird, waren (fast) alle Probanden Raucher: 85% der Testpersonen waren Männer, und diese waren zu 98% Raucher. Das große Raucherrisiko wurde über einen mathematischen Zusammenhang eliminiert und das kleine Risiko des Radons berechnet. Es wurde eine multiplikative Verbindung der beiden Risiken „Rauchen“ und „Radon“ benutzt. Als Ergebnis wurde für eine um 100Bq/m³ erhöhte Radonkonzentration ein Risiko berechnet, dass ca. 0,5% vom Raucherrisiko ausmacht (entsprechend 1/10-tel Zigarette pro Tag bei einem durchschnittlichen Raucher). In diesem Vorgehen liegt der Fehler. Es ist nicht möglich, beim Zusammenwirken zweier Risiken das größere rechnerisch zu eliminieren und dann das viel kleinere Risiko als wirklich existierend nachzuweisen.

In der zitierten neuen Studie steht nichts falsches drin, alles was gemacht wurde, ist wahrheitsgemäß beschrieben. Wenn der Leser die 20 Seiten (in englisch) durcharbeitet und die Bedeutung der wichtigsten epidemiologischen Werkzeuge kennt, wird er es bemerken. In der Interpretation des BMU fehlt der Hinweis, dass die berechnete Risikoerhöhung durch Radon in Wohnungen natürlich nur für Raucher gilt. Allein der multiplikative Ansatz des Gesamtrisikos aus den Einzelrisiken Radon und Rauchen besagt, dass das Gesamtrisiko gleich Null ist, solange nur der größere der beiden Einzelfaktoren – zum Beispiel das Rauchen – verschwindet. In einer Diskussion des Radonproblems von Prof. Jacobi (GSF; 1991) wird dieser Tatsache Rechnung getragen, indem als Schlussfolgerung gesagt wird, dass zur Minimierung des Radonrisikos zuerst der Verzicht oder die Reduktion des Rauchens zu empfehlen ist.

 

Bewertung

Radon ist ein Problem, das gilt für den Bergbau. Aber dort kommen mehrere Dinge wie Staub und Rauchen dazu. Viele Menschen haben das mit dem kostbarsten – eben dem Leben – bezahlt. Aber zu einer Zeit, als die Zusammenhänge noch nicht bekannt waren! Heute können auch die Bergleute vor den Gefahren geschützt werden, die Konzentrationen werden durch bessere Bewetterung und das Nassbohrverfahren um viele Größenordnungen herab gesetzt.

Radon in Wohnungen ist kein Problem, solange die Konzentration unter 1000 Bq/m³ bleibt. Erst bei >1000Bq/m³ könnte bei sehr konservativer Betrachtung Sanierungsbedarf bestehen, so schreibt Prof. Becker. Es gibt auch Häuser mit 100 000Bq/m³, dort ist natürlich Vorsorge angebracht. Im Entwurf für ein neues Radongesetztes ist eine Sanierung dagegen schon oberhalb von 100 Bq/m³ vorgeschrieben, das ist eine unnötige Vergeudung von Ressourcen und daher nicht akzeptabel.

Die Konzentration vom Radon in Heilbädern ist gegenüber demjenigen in Wohnungen um den Faktor tausend höher. Die Kurzzeiteinwirkung bedeutet eine homöopathische Dosis – ein Kurzzeitreiz stärkt das Immunsystem des Organismus. Bei einer Inhalationskur von 3 Wochen Dauer atmet der Patient im Heilstollen zusätzlich 500 000 bis 1 Million Bq Radon ein; bei zusätzlichen 100 Bq/m³ in Wohnungen werden im ganzen Jahr ebenfalls ca. 500 000 Bq Radon eingeatmet. Wie kann die geringe Radonkonzentration in Wohnungen schädlich sein, und das in ähnlicher Menge eingeatmete Radon in Radonbädern sogar heilend wirken?

Und wenn wissenschaftliche Arbeiten sich mit dem Radon in Wohnungen befassen, dann ist das zu begrüßen – eben um der Erkenntnis willen. Aber wir kennen das alte Sprichwort „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ Wenn aber wie in der Wichmannstudie – vom BfS und damit von der Politik beauftragt – neue Berechnungen ausführt werden und zufällig das von der Politik ersehnte Ergebnis heraus kommt, sollte man nicht alle anderen Tatsachen wie das Radon in Heilbädern vergessen. Prof. Becker schrieb „Vielmehr besteht Interesse daran, die Radiophobie zwecks Fördermittelbeschaffung und Arbeitsplatzerhaltung am Leben zu erhalten“, so scheint es hier in der Tat aus der Sicht der Forscher der Fall zu sein. Und von Seiten der Politik scheint weiterhin die Pflege der Strahlenfurcht als Begründung des Kernenergieausstieges bestimmend zu sein.