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Strom in Tüten gibt es nicht von Dr. Lutz Niemann
Gastkommentar in DIE WELT vom 09.07.2009
Wahlkampf mit dem Thema Energieversorgung

Im September ist Wahl, der Wahlkampf hat begonnen und wird auf vielen Plätzen ausgetragen. Bereits ein Jahr zuvor hatte Minister Gabriel den Wahlkampf eröffnet mit einer angeblichen Skandalmeldung zur ASSE. Es geht darum, für den von Rot-Grün initiierten Ausstieg aus der Kernkraft neue Gründe zu präsentieren. Nach derzeitiger Gesetzeslage stehen in der nächsten Legislaturperiode ab 2009 sieben große Kernkraftwerke mit 7000 MW Leistung zur Abschaltung an. Das wird geschehen, wenn nicht eine neue Regierung nach der Wahl den Mut hat, die bestehenden Gesetze zu ändern. Für 7 Grundlaststrom liefernde Kernkraftwerke – rund um die Uhr zu 100% Leistung – gibt es keinen Ersatz. Es wird zu Stromabschaltungen kommen müssen.

Deutschland gefällt sich als Weltmeister bei Erneuerbaren Energien, wichtige Fragen dazu bleiben aber unbeantwortet: Dieser Strom ist teuer! Wind- und Solarstrom schaffen zusätzliche Abhängigkeit, denn es braucht schnell regelbare Gaskraftwerke im Hintergrund! Warum brauchen wir mehr Abhängigkeit von Putins Erdgas?

Außerdem werden einige Banalitäten nicht beachtet: Die Sonne geht abends unter – Der Wind hat meistens Flaute – Man kann Strom nicht speichern, Strom in Tüten gibt es nicht.

Das neueste Phantasieprodukt ist Solarstrom aus der Sahara, aus Parabolrinnenkraftwerken, weil man Wärme speichern kann. Wärmekraftwerke baut man gern an Flüsse, weil sie einen hohen Wasserbedarf zur Kühlung haben – wie geht das in der Sahara?

Nur eine Möglichkeit aus der Zwickmühle bietet sich an: Die von Ex-Kanzler Schröder favorisierte Ostseepipeline könnte Entlastung bringen. Die erste Röhre gäbe die Möglichkeit, die Hälfte unserer Kernkraftwerke durch Gaskraftwerke zu ersetzen. Eine Stromversorgung von Putins Gnaden ist so sicher wie die Gasversorgung der Ukraine im Winter. Noch ist die Ostseepipeline nicht gebaut, die Röhren sind fertig und warten an Land, unsere Nachbarländer haben noch nicht zugestimmt.

Deutschland ist inzwischen auf vielen Gebieten Weltmeister: bei der Windstromerzeugung, bei der Solarstromerzeugung, bei der Abschaltung von voll funktionsfähigen Kernkraftwerken. Vermutlich auch bei Studien, die jede Unsinnigkeit „beweisen“. Es fehlt nur eine Studie zu der Frage: Wie lange können wir uns auf dem lebensnotwendigen Gebiet der Stromversorgung unrentable Experimente leisten, ohne als Exportweltmeister vom Weltmarkt zu verschwinden?

Dr. Lutz Niemann