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Solarstrom für Deutschland

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Bericht von Dr. Ludwig Lindner vom April 2006 über einen teueren Irrweg

Solarstrom für Deutschland?

Der großflächige Aufbau von Solaranlagen in Deutschland zur kommerziellen Stromerzeugung macht keinen Sinn.

Millionen Deutsche flüchten jeden Sommer in südliche Gefilde. Warum? Weil dort die Sonne scheint. Daran, dass hierzulande die Sonne vergleichsweise selten scheint, wird auch der viel beschworene Klimawandel auf absehbare Zeit nichts ändern. Die Verfechter der Solarenergie scheinen dieses Faktum in der Regel auszublenden – ausgenommen natürlich die eigene Urlaubsplanung. So verbreiten sie seit Jahren hartnäckig das Gerücht, Solaranlagen zur Stromerzeugung seien in Deutschland wirtschaftlich zu betreiben. Aber sie sind es nicht. Die Sonne scheint hier nicht so häufig, als dass die Herstellkosten des Stromes mit Solarzellen mit denen für Strom auf Basis von Steinkohle, Braunkohle, Kernenergie, Erdgas und Wasserkraft konkurrieren könnten.

Dessen ungeachtet beschloss die rot-grüne Bundesregierung Anfang 1999 die massive Förderung der Erzeugung von Solarstrom mit dem so genannten „100.000 Dächer-Programm“. Nach Ablauf dieser Aktion wurde von Rot-Grün im Juli 2004 das EEG (Erneuerbare Energie Gesetz) verabschiedet. Nach diesem Gesetz wird eine Mindestvergütung von 45,7 Cents pro Kilowattstunde Solarstrom gewährt. Für Anlagen auf Gebäuden wurden die Vergütungssätze erhöht: bis 30 kW gibt es 57,4 Cents, ab 30 kW 54,6 und ab 100 kW 54,0 Cents pro Kilowattstunde [cts/kWh]. Die Vergütung erhöht sich um zusätzliche 5 cts/kWh, wenn die Anlage nicht auf dem Dach eines Gebäudes angebracht ist.

Zum 1.1.05 bzw. 1.1.06 erfolgte eine Absenkung der Fördersätze für neu in Betrieb genommene Anlagen um jährlich fünf Prozent bzw. 6,5 Prozent, bezogen auf den Stand des Vorjahres. Nach dem Koalitionsvertrag von CDU/SPD aus dem Herbst 2005 soll ggf. im Jahr 2007 eine generelle Reduzierung der Fördersätze erfolgen.

Die Ausnutzung der Sonnenstrahlen zur Stromerzeugung ist ohne Zweifel eine großartige Idee, denn sie stehen uns kostenlos ins Haus. Leider gilt dies für die Stromerzeugung mit Solarzellen nicht. Die kostet viel Geld. Deshalb ist es zwar sinnvoll und wichtig, die Technik weiterzuentwickeln, aber letztlich nur im Hinblick auf ihre Anwendung in Kleingeräten und zur Stromerzeugung im Haushalt für den Export in Länder, in denen die Sonne mehr scheint als in Deutschland und die über eine schlechte Infrastruktur zur Stromversorgung verfügen.

Um im Export von Solaranlagen erfolgreich zu sein, ist es notwendig, die Herstellverfahren und den Wirkungsgrad solcher Solarstromanlagen zu verbessern. Mit mehr als 1000 MW elektrischer Solarstromleistung in Deutschland sind jedoch bereits ausreichende Flächen von Solaranlagen vorhanden, um Erfahrungen im Dauerbetrieb und im Hinblick auf den Einfluss von Störungen und Witterung zu untersuchen. Der großflächige Aufbau von Solaranlagen in Deutschland zur kommerziellen Stromerzeugung macht keinen Sinn.

Anlagen, die jetzt noch gebaut werden, dienen nur der Bereicherung der Betreiber zu Lasten der Volkswirtschaft. Die bisher vorhandenen Anlagen mit 1000 MW Leistung bedeuten gegenüber dem Strom aus Kohle, Kernenergie und Erdgas mit etwa 3 cts/kWh bereits eine jährliche Kostenbelastung von rund 500 Mio. Euro für die Volkswirtschaft, denn diese Solarstromanlagen produzieren im Jahr nur 1 Mrd. kWh, weil sie im Schnitt – entsprechend der Verfügbarkeit der Sonnenstrahlen – nur zehn Prozent des Jahres Strom liefern.

Sachlich und wirtschaftlich gesehen ist die Stromerzeugung mit Solarzellen in Deutschland folglich ein Irrweg – nicht nur wegen des geringen, möglichen Ausnutzungsgrades der Solarstromanlagen, sondern auch, weil die Herstellung der Solarzellen enorm teuer ist. Das wichtigste Material, das für Solarzellen zur Stromerzeugung verwendet wird, ist das Halbmetall Silizium. Dieses kommt jedoch nicht als solches in der Natur vor, sondern muss aus Siliziumdioxid SiO2 (Quarzsand) gewonnen werden. Dazu wird das SiO2 mit Kohle im elektrischen Lichtbogen bei 2000 Grad Celsius zu Silizium mit einem Reinheitsgrad von 98 Prozent reduziert. Im nächsten Schritt wird das noch relativ stark verunreinigte Silizium mit Chlorwasserstoff (HCl) zu Trichlorsilan (SiHCl3) umgesetzt, das dann mehrfach verdampft und kondensiert wird, bis nahezu alle Fremdstoffe entfernt sind. Anschließend wird das Trichlorsilan in Gegenwart von Wasserstoff zersetzt, es entsteht hochreines Silizium. Ohne Chlorchemie gibt es also keine Solarzellen zur Stromerzeugung.

Für eine Solarleistung von 1 kW sind rund 11-14 kg Silizium notwendig. Die bisher am meisten verbreiteten Solarzellen bestehen aus multikristallinem Silizium, das am preiswertesten in der Herstellung ist. Die verschiedenen anderen Materialien für Solarzellen sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

Die Stromerzeugung von Solarkraftwerken in Deutschland entspricht pro Jahr ca. 900 Stunden Volllast. Das bedeutet: eine Anlage, die für 1 MW (1000 kW) ausgelegt ist, könnte zwar theoretisch in einem Jahr 8,76 Mio. kWh Strom erzeugen. Da die Sonnenstrahlen aber viel seltener verfügbar sind, produziert eine solche Anlage von 1 MW Leistung nur 900.000 kWh – und das unregelmäßig in Abhängigkeit von Sonnenschein, Wolkenbildung usw. Ein Solarkraftwerk kann somit zur dauerhaften Stromerzeugung (Grundlast) nicht allein genutzt werden, es muss immer Strom aus anderen Kraftwerken bereitstehen. Denn das Speicherproblem von großen Strommengen ist technisch nicht gelöst.

Vielfach wird von Vertretern der Solarindustrie behauptet, dass eine Solaranlage von 1 MW Leistung und 900.000 kWh jährlicher Stromproduktion 200 Haushalte mit einem jährlichen Stromverbrauch von 4500 kWh versorgen könne. Diese Aussage ist nur rechnerisch über das gesamte Jahr zutreffend, in der Praxis aber falsch. Die Stromverbraucher wollen ihren Computer, Kühlschrank, Waschmaschine usw. nach Bedarf benutzen und nicht nur dann, wenn die Sonne scheint. Nicht berücksichtigt wird der notwendige Parallelbetrieb von Grundlastkraftwerken zur Kontinuität des Stromflusses.

Die Kosten von Solarstrom ergeben sich zum einen aus dem Kapitaldienst für die Anlagenabschreibung. Diese erfolgt über einen Zeitraum von 20 Jahren bei einem Zinssatz von fünf Prozent und entspricht einem jährlichen Kapitaldienst von 8,02 Prozent der Investition. Hinzu kommen jährliche laufende Kosten für Wartung, Reparaturen, Versicherungen und Personalkosten, angesetzt mit zwei Prozent der Investition.

Für verschiedene Musteranlagen sind die Stromerzeugungskosten in Tabelle 2 zusammengestellt. Danach liegen die Stromerzeugungskosten bei Kleinanlagen in der Größenordnung von ca. 80 cts/kWh, bei Großanlagen bei etwa 50-60 cts/kWh. Nicht berücksichtigt hierbei sind günstige Kreditkosten bei der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und Steuerabschreibungen für die Investoren.

Ende 2004 waren 659 MW Solarstromanlagen installiert. Im letzten Jahr wurden weitere rund 340 MW installiert. Die Solarstromproduktion Ende 2005 betrug danach knapp 1 Mrd. kWh. Bei einer Solarstromvergütung von rund 50 cts/kWh ergibt sich für 2005 eine Belastung von etwa 500 Mio. Euro für die Volkswirtschaft – allein über den Strompreis. Unter Berücksichtigung der Steuerersparnis der Investoren der Solaranlagen im Jahr 2005 und verbilligter Kredite durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird die Volkswirtschaft im Jahr 2005 mit insgesamt rund 1,5 Mrd. Euro durch die bestehenden und neu installierten Solaranlagen zur Stromerzeugung belastet.

Diese Zahlen zeigen, dass sich aus ökonomischer Sicht die Installation von Solarzellen zur kommerziellen Stromerzeugung in Deutschland nicht rentiert. Dazu schrieb der Spiegel (35/04): „Strom aus Solaranlagen wird ausgerechnet in Deutschland, wo wegen Sonnenmangels nicht einmal guter Rotwein wächst, mit extrem hohen Preisen per Gesetz vergütet. Das sonnenverwöhnte Italien hat nicht einmal 1/10 der in Deutschland installierten Solarzellen, sogar Australien nur einen Bruchteil.“ Und selbst der frühere Greenpeace-Vorstand Thilo Bode stellte in einem Leserbrief in der taz (1.7.05) fest: „Der Solarstrom ist der teuerste regenerative Strom überhaupt. Aus heutiger Sicht wird er niemals mit konventioneller Stromerzeugung konkurrieren können.“

Angesichts dieser Fakten sollte die Förderung bei der Installation neuer Solarstromanlagen in Deutschland sofort beendet werden. Solarstrom ist schlicht viel zu teuer, Deutschland verfügt über eine sehr gute Infrastruktur bei der Stromversorgung, und es ist nicht zu erwarten, dass in Zukunft die Sonne in Deutschland mehr scheinen wird. Anders ist die Situation in anderen Ländern mit höherer Sonnenscheindauer wie in Nordafrika, wo etwa eine 40-prozentige Anlagenausnutzung möglich ist. Wirtschaftlich wird der Solarstrom allerdings auch dort erst, wenn Strom anderer Herkunft wesentlich teurer wird.

Sinnvoll können Solarzellen zur Stromerzeugung in Gebieten sein, wo keine Infrastruktur beim Strom vorhanden ist. Dort ist im Gegensatz zu Europa auch eine ungesicherte und ungleichmäßige Stromversorgung von Nutzen. Hier können Kleinanlagen mit entsprechender Batteriespeicherung zu einer Steigerung des Lebensstandards führen, etwa beim Betrieb von Radios und anderen Geräten mit geringem Stromverbrauch.

In Deutschland sollte die Weiterentwicklung von Solarzellen nur im Bereich Forschung und Entwicklung bezuschusst werden, um eine Wirkungsgradverbesserung und die Verbilligung der Herstellung für den Export und für den Einsatz in Kleingeräten mit geringem Stromverbrauch zu fördern. Als Hochlohnland brauchen wir Innovationen, die uns als Exportartikel nutzen.

Dr. Ludwig Lindner ist pensionierter Chemiker. Er lebt in Marl und war früher in Chemie- und Energieunternehmen tätig. Durch seine Mitarbeit an Internetportalen und die Herausgabe eines E-Mail-Newsletters beteiligt er sich heute an der öffentlichen Diskussion um energiepolitische Fragen. Er ist Mitinitiator der Internetplattform www.Buerger-fuer-Technik.de und Herausgeber des Newsletters “Kurzinfos aus Energie, Wissenschaft und Technik“. In Novo73/74 beschrieb er in seinem Artikel „Die Wiederkehr der Kernenergie“ diese als die sicherste, effektivste und ressourcenschonenste Form der Energiegewinnung. In Novo69 zeigte er im Artikel „Windkraft – nur fauler Zauber?“ die wirtschaftlichen und technischen Probleme der Windenergienutzung auf.

Tabelle 1: Solarzellenmaterialien

Solarzellenmaterial

Zellwirkungsgrad (Ausnutzung der Sonnenstrahlen)

Einkristallines Silicium

16 %

Multikristallines Silicium

14 %

Amorphes Silicium (a)

 7 %

Kupfer-Indium-Diselenid (CIS)

10 %

Cadmium-Tellurid (CdT)

 9 %

Flexible Polimerzellen (b)

 4 %

    (a) Amorphe Solarzellen haben keine kristalline Struktur. Sie sind sehr dünn (Dünnschichtmodule) und können deshalb materialsparend aufgedampft werden.

    (b) TiO2 mit lichtaktiven Farbstoffen beschichtet (s. FTD, 22.3.05; VDI Nachrichten, 11.3.05)

Tabelle 2: Stromerzeugungskosten in Solarstromanlagen

Ort

Kleinanlage Hausdach

Flughafen München

Anlage Espenhain

Anlagengröße

1 kW

500 kW

5 MW

Jährlicher Ertrag (kWh/Jahr)

900

0,45 Mio.

4,5 Mio.

Investitionen (Euro)

7500

2,65 Mio.

22 Mio.

Laufende jährl. Kosten (Euro)

150

53.000

440.000

Jährlicher Kapitaldienst (Euro)

600

210.00

1,76 Mio.

Summe Kosten pro Jahr (Euro)

750

263.000

2,2 Mio.

Stromerzeugungskosten (cts/kWh)

ca. 83

ca. 59

ca. 49

 

 

 

 

 

So funktioniert eine Solarzelle

Das auf die Solarzelle einfallende Licht setzt positive Ladungsträger (Löcher) und negative Ladungsträger (Elektronen) frei. Durch den pn-Übergang fließt ein Gleichstrom, der über Metallkontakte auf der Vorder- und Rückseite abgegriffen werden kann. Eine Solarzelle von 12,5 x 12,5 cm erzeugt bei voller Sonneneinstrahlung eine Spannung von etwa 0,5 Volt bei einer Stromstärke von 4 Ampère, entsprechend einer Leistung von rund 2 Watt. Um größere Leistungen zu erzielen, müssen mehrere Solarzellen in Parallel- oder Serienschaltung zu Solarmodulen von z.B. 12 V Gleichspannung zusammengeschaltet werden. Die Solarmodule erzeugen Gleichstrom, das öffentliche Netz wird jedoch mit Wechselstrom betrieben. Um den Solarstrom ins Netz einzuspeisen, muss deshalb der Gleichstrom in Wechselrichtern in Wechselstrom umgewandelt und mit Transformatoren an die Netzspannung angepasst werden.