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veröffentlicht 18.04.2011
Dr. Hermann Hinsch Dreihornstr. 2, 30659 Hannover Tel. 0511 - 64 986 90, E-Mail: jhhinsch@t-online.de
Sind niedrige Strahlendosen gefährlich?
Glaubt man unseren Medien, dann sind sie sehr gefährlich, selbst dann, wenn über die natürliche Strahlung hinaus gar keine Dosis gemessen werden kann. Kinder sterben an Leukämie, Mädchen werden gar nicht erst geboren, noch in Südkorea konnte man wegen Fukushima das Gemüse nicht essen. In diesem Aberglauben gibt es keine mathematisch fassbare Dosis-Wirkungs-Beziehung; was bei höheren Dosen nicht beobachtet wird, kann sich bei unmessbar kleinen Dosen ganz schrecklich auswirken.
Dagegen erscheint die LNT (linear no threshold)-Hypothese schon beinahe seriös. Sie ist es aber nicht, wie Herr Prof. Hugo van Dam im folgenden Artikel überzeugend darlegt. Sein Beitrag erschien in niederländischer Sprache in der Zeitschrift der holländischen Stiftung “Stichting Kernvisie“, Jahrg. 6, Nr. 06, Dezember 2011.
Ich habe den Artikel mit Genehmigung der Stiftung übersetzt, die Übersetzung darf weiter verbreitet werden.
Hugo van Dam
Angst vor Strahlung ist meist unbegründet
Strahlenparadox: Erhöhter Strahlung ausgesetzte Bevölkerungsgruppen sind gesünder als Bevölkerungsgruppen, die in strahlungsarmer Umgebung leben
In dem Buch “Stralingstekort“ (Strahlenmangel) beschreibt der Journalist Theo Richel das Phänomen der Strahlenhormesis; Strahlung, welche bei hoher Dosis schädlich ist, erweist sich bei geringer Dosis als gesundheitsfördernd. Das bedeutet, dass die Politik auf dem Gebiet der Strahlung auf falschen Grundlagen beruht.
Die heutige Strahlenschutzpolitik basiert auf der LNT (linear no threshold)-Hypothese und dem ALARA (as low as reasonably achievable)-Prinzip. Die LNT-Hypothese besagt, dass jede Strahlendosis schädlich ist, dass der schädliche Effekt linear von der Dosis abhängt, und dass es keine Schwellendosis gibt.
Legt man diese Hypothese zugrunde, so muss man immer von dem ALARA-Prinzip ausgehen, d. h. die Dosis muss so niedrig gehalten werden, wie das vernünftigerweise möglich ist. „Vernünftigerweise“ kann so aufgefasst werden, dass man beispielsweise wirtschaftliche Faktoren in die Betrachtung einbezieht. Die Frage, was vernünftigerweise gemacht werden kann, gibt natürlich zu vielen Diskussionen und unterschiedlichen Interpretationen Anlass.
Hormesis ist kein besonderer Effekt. Sehr viele Stoffe sind bei großer Einwirkung schädlich, in kleinen Dosen dagegen förderlich oder sogar unentbehrlich für die Gesundheit. Beispiele sind manche Vitamine und Spurenelemente, und was Strahlung betrifft: Das Sonnenlicht. Auf dem Gebiet der ionisierenden Strahlung herrscht schon seit einigen Jahrzehnten Streit zwischen kritiklosen Anhängern der LNT-Hypothese und Wissenschaftlern, welche Argumente für die Strahlenhormesis vorbringen. Das Problem ist dabei, das sich der Streit im Gebiet niedriger Strahlendosen abspielt, wo epidemiologische (statistische) Untersuchungen sehr schwierig sind. Doch ist das sogenannte Strahlenparadox schon sehr lange bekannt.
Dies Paradox zeigt sich in Untersuchungen an Bevölkerungsgruppen, welche erhöhter Strahlung ausgesetzt sind (etwa in Gebieten mit hoher natürlicher Strahlenintensität). Das Ergebnis ist immer: Die Menschen sind gesünder als diejenigen anderer Gruppen, welche in strahlenarmer Umgebung leben.
Die endgültige Beantwortung der Frage, ob es auch bei ionisierender Strahlung den Hormesiseffekt gibt ist von großer Bedeutung, da die bisherige auf der LNT-Hypothese beruhende Politik erhebliche Konsequenzen für die Wirtschaft hat und bei der Bevölkerung Angst erzeugt. Hormesis bedeutet, dass man sich eher über zu wenig Strahlung Sorgen machen muss. Jedenfalls ist dann die Sorge über die geringen Strahlendosen, welche man heute so ernst nimmt, nicht begründet.
In diesem Zusammenhang möchte ich ein historisches Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung anführen: In den siebziger Jahren war ich Mitglied einer Beratungskommission auf dem Gebiet der Volksgesundheit. Die Kommission sollte über “Kerntechnische Einrichtungen und Volksgesundheit“ beraten und unter diesem Titel ein Gutachten erstellen (“Kerncentrales en Volksgezondheid“). Die Kommission machte den Versuch, eine Jahresdosis zu definieren, unterhalb derer es nicht sinnvoll wäre, besondere Maßregeln zu ergreifen, kurz gesagt, welche Dosis als vernachlässigbar anzusehen wäre. Hierbei berücksichtigte die Kommission, dass die natürliche Strahlenexposition der Holländer aus dem Erdboden eine Variationsbreite von 0,3Millisievert pro Jahr zeigt. Bewohner von Marschböden sitzen auf der hohen Seite, Bewohner von Sandböden auf der niedrigen. Damit zog sich die Kommission massive Kritik der Anti-Kernkraft-Bewegung zu. Es half nichts, dass die Kommission darlegte: Marschbewohner haben sich noch nie über ihre höhere Strahlenbelastung Sorgen gemacht, und eine Tendenz, massenhaft zu den Sandböden abzuwandern, gibt es nicht.
(Anmerkung des Übersetzers: In Deutschland ist der Unterschied zwischen niedrigster und höchster Bodenstrahlung mehrfach grösser, bis weit über 1 mSv pro Jahr hinaus).
Wie sieht die Sache vom Standpunkt der LNT-Hypothese aus? Nehmen wir an, alle Holländer werden an die Orte mit dem niedrigsten Strahlungsniveau umgesiedelt, dann macht das nach der gebräuchlichen LNT-Hypothese einen Unterschied von 120Todesfällen pro Jahr! Jedoch leben manche Völker auf dieser Welt in Gebieten, in denen die Jahresdosis mehr als hundertfach höher ist als 0,3 Millisievert pro Jahr, wobei diese Völker Beispiele für das obengenannte Strahlenparadox sind.
Seit vielen Jahren macht man sich in Holland und anderswo auch Sorgen über die Radondosis in Wohnhäusern, aufgrund der LNT-Hypothese. Zwar unterstellt diese Hypothese für niedrige Strahlendosen nur sehr kleine Risikofaktoren, werden diese aber mit einer sehr großen Zahl von Personen multipliziert, dann erhält man beeindruckende Resultate.
Das Buch “Stralingstekort“ enthält eine große Menge an Tatsachen, welche auf die Existenz der Strahlenhormesis hinweisen. Zumindest gibt es viel Stoff zum Nachdenken. Nach meiner Ansicht wird jedenfalls die LNT-Hypothese viel zu oft kritiklos angewandt, vor allem von politischen Instanzen. Diese Hypothese wurde als vorsichtige Annahme aufgestellt; politische Instanzen handhaben sie jedoch als Dogma. Der in dem Buch zitierte niederländische Strahlenforscher Dr. Albert Keverling Buisman stellt fest: “Alle Untersuchungen über Hintergrundstrahlung kamen zu dem Ergebnis, dass um so weniger Krebsfälle vorkommen, je höher diese Hintergrundstrahlung ist. Ohne Ausnahme.“ Dies Büchlein zu lesen, kann ich von Herzen anraten. Stoff zum Nachdenken! Das Büchlein “Stralingstekort“ wurde herausgegeben von der Stiftung “De Groene Rekenkamer“ mit einiger Unterstützung von unserer Stiftung „Kernvisie“. “De Groene Rekenkamer“ wurde 2008 von Wissenschaftlern und Journalisten mit dem Ziel gegründet, die Staatspolitik auf den Gebieten Umwelt, Gesundheit, Technologie und verwandten Bereichen kritisch zu verfolgen. Sie stützt sich dabei auf wissenschaftliche Analysen des Risikos und der Kosteneffizienz der gesetzlichen Vorgaben und verbreitet ihre Erkenntnisse an eine möglichst große Öffentlichkeit.
Stralingstekort (Strahlenmangel, in niederländischer Sprache). Was, wenn Strahlung tastsächlich gut für Sie ist? Eine Übersetzung und eingehende Bearbeitung eines amerikanischen Buches über Strahlenhormesis.
Ed Hiserodt und Theo Richel, Verlag De Groene Rekenkamer 2011
Soweit der Artikel von Prof. van Dam. Er bezieht sich teilweise auf das sehr empfehlenswerte amerikanische Buch: “Underexposed. What If Radiation Is Actually Good for You?“
Ed Hiserodt, Laissez Faire Books, Little Rock, Arkansas, 2005, ISBN 0-930073-35-5
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