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Rückholung der Fässer aus dem Bergwerk Asse? von Dr. Hermann Hinsch und Dr. Ludwig Lindner vom 26.01.2010
Zusammenfassung: Die radioaktiven Abfälle aus der Asse sollen wieder herausgeholt werden. Deren Gesamtaktivität ist geringer als die einer einzigen Kokille aus einer Wiederaufarbeitungsanlage, und von solchen Kokillen stehen in Gorleben oberirdisch bereits über 2000 Stück. Die Aktivität der radioaktiven Abfälle in der Asse ist auch geringer als die natürliche Aktivität im Asseberg. In anderen Ländern werden daher solche Abfälle oberflächennah endgelagert und kommen dabei zwangsläufig mit Wasser in Kontakt. Schlimm wäre, wird behauptet, ein Einsturz der Grubenräume. Das würde nur bedeuten, dass im Gegensatz zu beispielsweise französischen Deponien, viele 100 m Salz und Gestein über den Abfällen lägen und alles kompakt eingeschlossen wäre.
Im Bergwerk Asse II wurde 1906 der 1. Schacht in die Tiefe getrieben. Vorher war das Bergwerk Asse I abgesoffen. Bis 1925 wurde bei Asse II Kalisalz gefördert, danach wurde die weitere Förderung aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Man verlegte sich dann auf die Gewinnung von Steinsalz. Das ging bis19641), 1965 wurde die Asse vom Salz- zum Forschungsbergwerk erklärt. Von 1967 an erforschte die Gesellschaft für Strahlen – und Umweltforschung die Eignung der Asse als Atommüll-Endlager. Bis 1978 wurden 126.000 Fässer mit leicht radioaktivem Material in mehr als 700 m Tiefe und 1300 Fässer mit mittelaktivem Material in 511 m Tiefe eingelagert. Die sog. Forschung bei der Asse wurde 1995 beendet.
Im Jahr 1988 entdeckte man erstmals, dass Salzlauge einsickert, 1998 wurde ein täglicher Zufluss von etwa 12 m3 festgestellt. Die Aufsicht über die Asse wurde am 1. Januar 2009 auf das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)übertragen.
Das BfS hat im Rahmen eines sogenannten Optionenvergleichs drei verschiedene Möglichkeiten geprüft, wie sich die Asse sicher stilllegen lässt und am 15.01.2010 veröffentlicht2)
1. Option Rückholung Die radioaktiven Abfälle werden aus der Asse II rückgeholt. Dafür werden die Fässer zunächst aus den Kammern geborgen und für den Transport umverpackt. Durch den Schacht werden die Abfälle nach oben gebracht und zu einem Zwischenlager weitertransportiert. Für die spätere Endlagerung müssen die rückgeholten Abfälle konditioniert, das heißt endlagergerecht verpackt werden.
2. Option Umlagerung Die radioaktiven Abfälle werden im Bergwerk umgelagert. Dafür werden tiefer im Berg neue Hohlräume geschaffen. Die Fässer werden aus den alten Kammern entnommen und für den betrieblichen Transport umverpackt. Zur Endlagerung werden sie dann in die neuen Hohlräume gebracht, die mit Sorelbeton verfüllt und anschließend langzeitsicher verschlossen werden.
3. Option Vollverfüllung Die radioaktiven Abfälle bleiben am derzeitigen Ort. Alle noch zugänglichen Hohlräume und Strecken sowie die Einlagerungskammern werden mit Sorelbeton verfüllt. Die verbleibenden Porenräume können gegebenenfalls mit geeignetem dünnflüssigem Material geschlossen werden, um eine schnelle Stabilisierung des Grubengebäudes zu erreichen.
Das BfS hat in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) ermittelt, welche der 3 Optionen weiter verfolgt werden soll, und dies im Januar 2010 veröffentlicht. Danach soll die Rückholung der Abfälle aus der Schachtanlage Asse II nach jetzigem Kenntnisstand die beste Variante sein.
Diese Aussage muss kritisch hinterfragt werden, denn die Rückholung der radioaktiven Abfälle ist nicht ohne Gefahren und es ist sicher auch die teuerste Lösung. Die Fässer wurden nicht überall aufgestapelt, sondern teilweise auch hineingeschüttet.
Deshalb ist eine Betrachtung über die Gefährdung der mittelaktiv bis schwachaktiven Abfälle notwendig. Ein großer Teil entstammt Forschungseinrichtungen und auch aus der Medizin, es sind also Handschuhe, Kittel, Spritzen usw. in den Fässern, die auch z.T. in Beton eingegossen sind. Die gesamte Aktivität in der Asse ist geringer als die Aktivität einer einzigen Glaskokille aus einer Wiederaufarbeitungsanlage (1,20 m hoch, je nach Typ 30 oder 43 cm Durchmesser max. 1,4 x 1014Bq Alpha-Strahler und 2,8 x 1016 Bq Beta- und Gamma-Strahler), wie z. B. aus La Hague.3) Von solchen Kokillen stehen oberirdisch im Zwischenlager Gorleben schon über 2.000 Stück! Außerdem ist die Abfallaktivität der in der Asse eingelagerten Fässer geringer als die natürliche Aktivität im Asseberg, zu welcher ganz besonders das dort in ungeheuren Mengen vorhandene Kalium 40 (0,0117% im natürlichen Kalium Halbwertszeit 1,28 x 109 Jahre)beiträgt. Und natürliche Isotope sind nicht harm-loser als künstliche. Zum Vergleich: das in der Natur vorkommende Uran besteht zu 99,28 % aus dem Isotop U-238, Halbwertszeit 4,47 x 109 Jahre und zu 0,72 % U-235 Halbwertszeit 7,04 x 108 Jahre4)
In oberflächennahen Deponien kommt der Abfall zwangsläufig mit Wasser in Kontakt. In der Asse ist der Wasserkontakt ein Argument für die Rückholung der Abfallfässer, ein weiteres die mangelnde Standsicherheit der Grube. Zweifellos werden die Grubenräume durch den Gebirgsdruck zusammengequetscht, man drückt das dramatischer aus, das Grubengebäude würde zusammenstürzen. Je eher, desto besser, denn dann ist es mit dem Wasserkontakt vorbei. Das eingedrungene Wasser mit darin gelösten radioaktiven Stoffen wird herausgepresst, möglicherweise bis an die Erdoberfläche.
Aber Gesundheitsgefährdungen sind nur bei entsprechend hoher Dosis zu befürchten. Nun spielen Dosiswerte im Strahlenaberglauben keine Rolle, jedes einzelne strahlende Atom wird als gefährlich hingestellt, jedenfalls in der Propaganda. Ganz anders ist die Sache, wenn es um das eigene Leben geht. Die Asse-Gegner waren alle schon in der Grube und haben sich der Strahlung aus den Fässern ausgesetzt. Aber wenn die Aktivität einmal auf wenige Prozent abgeklungen ist, sich tief unter der Erde befindet oder höchstens als kleine Beimischung zur natürlichen Radioaktivität an die Oberfläche kommt, dann wäre das ein Zustand, den wir unseren Nachkommen nicht zumuten dürfen?
Übrigens hat man den Asseberg bereits von Radioaktivität entlastet, durch die Kaliförderung von 1908 bis 1925. Jährlich wurden mit dem Kalisalz etwa 6 Tonnen radioaktives Kalium 40 an die Oberfläche gebracht. Im gesamten Zeitraum hat man etwa so viel herausgeholt wie auch bei der geplanten Rückholaktion an langlebigen (über 30 Jahre Halbwertszeit) Isotopen herausbefördert würde.
Es ging an der Asse einmal ganz friedlich und vernünftig zu. Tausende von Besuchern wurden durch das Bergwerk geführt. Gegner gab es auch, aber nur im Rahmen dessen, was bei jedem Industrieprojekt normal ist. Das Schließungskonzept wurde in mehreren Veranstaltungen in Remlingen ganz manierlich diskutiert. Was ist im Herbst 2008 geschehen, dass alles plötzlich ganz anders wurde? An der Asse nichts. Seit 1979 wurden in der Asse Versuche gemacht mit dem Ziel herauszufinden, wie sich im Fall eines Wassereinbruchs die radioaktiven Stoffe aus dem Abfall herauslösen. Der Wassereinbruch 1988 war also kein Ereignis, mit dem niemals gerechnet wurde, und 2008 auch schon ein alter Hut. Die Verfüllung der Grubenräume war abgeschlossen und besondere Bruchereignisse hatte es nicht gegeben. Es ist nicht bekannt, wie die Akteure der Asse-Angstkampagne den Umschwung bewirkt haben, oder ob ihnen ihr Erfolg einfach in den Schoß gefallen ist.
Bei einer Entscheidung über die Verschließung von Asse sollte auch ein Blick “über den Zaun“ erfolgen: 1. In anderen Ländern werden solche Abfälle oberflächennah endgelagert und kommen dabei zwangsläufig mit Wasser in Kontakt.
2. Im Endlager Morsleben sollen Kammern und Tunnel gesichert werden, indem Salzbeton nach der endgültigen Stilllegung in die Räume gefüllt wird. Im Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben (Sachsen-Anhalt) sind rund 37.000 Kubikmeter feste Abfälle sowie 6.621 umschlossene Strahlenquellen gelagert. Seit 1971 wurde dieses Salzbergwerk in 500 Meter Tiefe als Endlager für radioaktive Abfälle der ehemaligen DDR genutzt. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat die Stilllegung des Lagers beantragt.5)
Literatur:
- Dr.Hermann Hinsch , Das Märchen von der Asse, 2009, ISBN 978-3-8370-9977-5, S.38
- http://www.endlager-asse.de/cln_135/DE/WasWird/Optionenvergleich/was_passiert_mit_dem_atommuell.html
- Dr.Hermann Hinsch , Das Märchen von der Asse, 2009, ISBN 978-3-8370-9977-5,.87
- Nuklidkarte des Forschungszentrums Karlsruhe
- http://www.hs-owl.de/fb3/aktuelles/aus-dem-fachbereich-3/aktuelles-aus-dem-fb3/news/atommuell-salzbeton-strahlenschutz-und-salzbergwerk/1.html Aktuelles aus dem FB3 Hochschule Ostwestfalen-Lippe Detmold 10.12.2009
Dr. Ludwig Lindner
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