Google

WWW
buerger-fuer-technik.de
 

LNT-Hypothese

Home > Radioaktivität > LNT-Hypothese

veröffentlicht 21.01.2012, bearb. 02.02.2012

Dr. Lutz Niemann

Bemerkungen zur LNT-Hypothese

Auch ich habe einmal an die LNT-Hypothese (LNT = linear no threshold = jeder noch so kleinen Dosis wird eine Wirkung zugeschrieben) geglaubt, aber das liegt über 30 Jahre zurück. Es kam in unserem Labor bei Siemens jedes Jahr die neue MAK-Liste (MAK = Maximale Arbeitsplatz Konzentration) in den Umlauf, in der sich auch die Listen der Krebs erregenden Stoffe befinden. Dabei kam sehr schnell der Gedanke, dass man natürlich alle Krebs erregenden Substanzen/Ursachen nach LNT behandeln müsse, und in der Summe sollte sich in etwa die Gesamtheit aller Krebsfälle ergeben, wenn LNT richtig ist.

Ein sehr schöner Beitrag zum Thema ist ein Vortrag von Prof. Henschler, der dann später in ausgearbeiteter Form in einem der GSF-Hefte erschien: “Krebsrisiken im Vergleich“. Nur steht dort nicht, welche der Risiken nach LNT berechnet wurden, und welche wirklich gemessen wurden.

Wichtig ist sicherlich die Weisheit des Herrn Paracelsus, alles ist Gift, aber natürlich nur in einem gewissen Dosisbereich. Heute wird bei uns alles zu einem Gift erklärt, was gerade noch von den Kollegen aus der Spurenanalytik nachweisbar ist. Dieses Vorsorgeprinzip zwingt in Verbindung mit einer professionellen Pressekampagne den/die Umweltminister/in zur Forderung der Dosis NULL. Im Strahlenschutz wird dieser Weg durch die ICRP (ICRP = International Commission on Radiological Protection) beschritten, die nationalen hauptamtlichen Strahlenschützer im BfS (BfS = Bundesamt für Strahlenschutz) folgen. Und die Politiker beschließen, was von diesen Leuten vorgeschlagen wird.

Ich als Angehöriger der Gruppe Ü70 bin inzwischen zu der festen Überzeugung gekommen, dass LNT abzulehnen ist. Dabei haben mir Veröffentlichungen geholfen, z.B. von den Herren Professoren Wachsmann, Feinendegen, Becker, Jaworowski.

Hier sollen einige Gedanken zur LNT-Hypothese aufgeschrieben werden:

  • LNT ist die Extrapolation eines empirisch gefundenen Zusammenhanges Risiko als Funktion der Dosis (Excess Relative Risk = ERR = f (Dosis)) über zwei Größenordnungen zu kleineren Dosen, über die Gültigkeit des Zusammenhanges ist damit nichts gesagt. Es wird immer zugegeben, dass die nach der Hypothese berechneten zusätzlichen Krebsfälle nicht nachweisbar sind.
  • Der Zusammenhang (ERR = f (Dosis)) wurde bei den Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki gemessen. An der Abszisse steht gewöhnlich nur “Dosis“ geschrieben, dieses ist aber eine Kurzzeitdosis durch die Explosion und unmittelbar danach (z. B. 3 Tage). Der Zusammenhang wird später jedoch auf eine Jahresdosis bezogen. Das ist ein Fehler.
    Ein Vergleich dazu: Eine Flasche Schnaps in kurzer Zeit hat fatale Wirkung, ist aber harmlos bei Verteilung auf ein Jahr.
  • In der unbelebten Natur ist ein physikalisches Gesetz (z.B. Grundgesetz der Mechanik K = m * b) auch noch in einem Bereich anzuwenden, wo die Gültigkeit aufgrund von ungenügender Messgenauigkeit nicht mehr ersichtlich ist. In der belebten Natur gilt das nicht, denn ein lebendes Wesen reagiert auf jede Einwirkung von außen.
  • Die MAK-Liste enthält 280 Positionen mit kanzerogenem Potential. LNT wird nur bei denen angewandt, die in die politische Diskussion geraten sind, wie Radioaktivität, Feinstaub [1], Nichtraucherschutz.
  • Vergleicht man die durch LNT berechneten Opferzahlen bei normaler Exposition von Radioaktivität und Feinstaub miteinander, so ist das Ergebnis ca. 1 zu 10 [1], also Feinstaub 10-mal gefährlicher als Radioaktivität. Also sollte auch das Bemühen der Politik, den Bürger vor Gefahren zu bewahren, bei Feinstaub 10-mal so groß sein. Das ist aber nicht der Fall, es gibt noch nicht einmal ein „Bundesamt für Feinstaubschutz“.
  • Bei Strahlen wird von “schießen“ und “Treffer“ geredet, das zeigt an, dass man die Gedanken des Lesers in eine Richtung lenken will, die Ablehnung erzeugt: Krieg, Tod, Verderben. Dieses Verfahren kann bei Menschen funktionieren, die demagogische Methoden nicht kennen.
     

Bei Radioaktivität hat der Bürger keinen Maßstab, um die Höhe einer Exposition einzuordnen. Daher können die vielen in den Medien zum Ereignis in Fukushima genannten Zahlen nicht zur sachlichen Information beitragen, sie erzeugen hauptsächlich Angst. Der Bürger hat aber einen sehr guten Maßstab bei Ethanol ( = Alkohol), da jedermann dieses mit Bier, Wein, Sekt, Schnapspralinen schon konsumiert hat. Daher soll damit ein Vergleich gemacht werden.

  • Durch 1 Bier ( ½ Liter mit 15 – 20 ml Ethanol) steigt die Ethanolkonzentration im Blut vom Normalwert 0,0003‰ um das 1000-fache [2], gefährlich wird es beim 10 000-fachen Anstieg. Bei Radioaktivität ist der Abstand von “Normal“ zu “Gefahr“ ca. 1 Million, dazwischen liegen Grenzwerte.
  • Bei Ethanol ist der Zusammenhang ERR = f (Dosis) verfügbar [3]. Ethanol ist nicht nur ein Gift und Kanzerogen wie Radioaktivität, es hat zusätzlich auch noch Suchtpotential, ist fruchtschädigend, erbgutverändernd, brennbar, explosiv.
    Der Vergleich ergibt: Das hypothetische Risiko durch Radioaktivität von 20mSv/a (das in Japan zur Evakuierung führte) ist bei Ethanol gleichbedeutend mit dem hypothetischen Risiko von 1g Ethanol (≈1ml) in einem Jahr, das sind 25 ml Bier oder 1 Mon Cherie im Jahr [4] [5].
  • Der Vergleich von Radioaktivität und Ethanol kann weiter geführt werden: So ergibt sich bei Anwendung LNT-Rechenprozedur auf das Ethanol-Risiko die erstaunliche Zahl von berechneten 2000 Krebstoten durch die diesjährige Superwiesn (Münchner Oktoberfest in 2011 mit Rekord von 7,5 Mill. Besuchern und 7,5 Mill. Liter getrunkenen Bieres). Es drängt sich da förmlich auf, anstatt Superwiesn von einer GAUwiesn zu sprechen. Sollte nicht dringend das bei radioaktiver Dosis eingeführte ALARA-Prinzip (as low as reasonable achievable) und die Festlegung einer Lebenszeitdosis auch bei Ethanol angewandt werden?
    Dem Schutz vor hypothetischen Effekten durch LNT dient das BfS mit 730 Mitarbeitern, zum Schutz vor realen Schäden des Ethanols geschieht nichts.

Sicherlich ist der Zusammenhang ERR = f (Dosis) auch bei Hautkrebs durch den UV-Anteil im Sonnenlicht bekannt. Starke Sonnenexposition führt zu einem größeren Risiko (sollte man daher nicht besser von Sonnen-“belastung“ sprechen?). Die Unsinnigkeit von LNT, ALARA und Lebenszeitdosis wird offensichtlich, wenn man diese Begriffe auf Sonnenlicht anwendet.

Seit Entstehung des Lebens auf der Erde sind Sonnenlicht und Radioaktivität ein Bestandteil der Natur. Bei beiden ist es unsinnig, die Dosis unter Grenzen drücken zu wollen, die dem Menschen von der Natur zugemutet werden.

  • Der in 2006 veröffentlichte WHO-Bericht zum Tschernobylunfall spricht von 4000 Opfern, diese Zahl wurde nach LNT berechnet. Es muß betont werden, dass die Fachleute der IAEA nicht für diese Zahl verantwortlich zeichnen (obwohl sie dem Tschernobyl-Forum angehörten), ebenfalls fehlt bei UNSCEAR jeglicher Hinweis auf die Zahl 4000 [6]. Vermutung: Die Fachleute von IAEA und UNSCEAR wissen von der Haltlosigkeit der LNT-Hypothese, daher reden sie nicht davon.
  • Eine Strahlendosis durch Radioaktivität wird sehr unterschiedlich beurteilt, sehr streng bei Kernkraftwerken, großzügig hingegen bei Flugreisen, Medizin und Bodenstrahlung, das ist Politik [7]. Würde das Minimierungsgebot der Strahlenschutzgesetzgebung auf alle Strahlenquellen angewandt, dann müsste man zunächst einige Gegenden entvölkern, dann den Flugbetrieb abschaffen, in die Medizin eingreifen und erst als letztes sich den Kernkraftwerken zuwenden.
  • Auch die Tatsache, dass in Deutschland ein NICHT-Fachmann zum obersten Strahlenschützer gemacht worden ist, kann als Hinweis für die Harmlosigkeit von Radioaktivität gesehen werden. In anderen sensiblen Bereiche würde man dergleichen kaum wagen.

Die Ablehnung der Kernenergie in Deutschland wurde begründet durch theoretische Risiken, aber die Alternative der Energiewende mit flotten Sprüchen wie ”Kornkraft statt Kernkraft“ oder ”Von Landwirt zum Energiewirt“ hat für Millionen Menschen ganz reale Risiken des Verhungerns zur Folge. So spricht Prof. Ernst-Ludwig Winnacker von zusätzlichen 40 Millionen Hungertoten pro Jahr weltweit durch Erzeugung von Bioethanol statt Nahrungsmittel [8], und die Daten
von Prof. Hans-Werner Sinn lassen auf ähnlich hohe Zahlen schließen [9].

Fazit

Es ist eine erstaunliche Leistung der Demagogie: In einem medialen Trommelfeuer über Jahrzehnte wurde den Deutschen die Gefährlichkeit von Kernkraft und Radioaktivität eingebläut, obwohl die Zahlen das Gegenteil zeigen. Heute wird jeder diesbezügliche Unsinn geglaubt. Kernkraft ist keine Risikotechnologie,es gibt dazu gute Argumente. Allerdings ist es so, der „Ober sticht den Unter“, und der Ober ist der König, Kanzler, Präsident, Bürgermeister, Pfarrer, Lehrer – wobei das immer auch eine Frau sein kann. Der Ober entscheidet, die Vasallen folgen und schreien, was gewünscht wird: heute ”kreuziget ihn“, auch wenn sie gestern noch ”Hosiannah“gerufen hatten.

Literatur

[1] GSF-Forschungszentrum, Broschüre ”Aerosolforschung in der GSF“, Seite 62
[2] Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten, 26. Lieferung, 1998, WILEY
[3] Ulmer Symposium ”Alkohol und Krebsrisiko“, FORUM DKG (13), 1998, S. 156 – 176
[4] durchgeführt nach einer Idee von Prof. H. Greim, Chem. Rundschau 11/1992, Streitgespräch mit Prof. O. Wassermann über Meß- und Grenzwerte von Dioxin
[5] Die Daten von Hiroshima + Nagasaki zeigen bei der Dosis 1Sv in 3 Tagen ERR ≈ 1
   dann ist folglich bei der Dosis 1Sv in 1 Jahr               ERR ≈ 0,01
   oder bei der Dosis 20mSv in 1 Jahr                     ERR ≈ 0,0002
   bei 10 Liter Ethanol im Jahr (35g/Tag) ist das Risiko nach     ERR ≈ 2
   1 ml Ethanol im Jahr ergibt dann ein Zehntausendstel davon   ERR ≈ 0,0002
[6] Bericht vom 28 Februar 2011 unter http://www.unscear.org/unscear/en/chernobyl.html
[7] ”Nutzen und Kosten der neuen deutschen Strahlenschutzverordnung aus pragmatischer Sicht“,
   Klaus Henrichs, Symposium ”Entwicklungen im Strahlenschutz“ am 29.11.2001, München
[8] ”Unsere Erde gibt es nur einmal“, ISBN 978-3-428-13183-9, Seite 110
[9] ”Das grüne Paradoxon“, Prof. Hans-Werner Sinn

Dr. Lutz Niemann