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veröffentlicht 13.05.2012
Dr. Joachim Hornke, FAZ 29.04.2012
Leserbrief Endlagersuche
seit in der Bundesrepublik Deutschland die Kernenergie für die Stromerzeugung entwickelt und genutzt wird, wird über den Verbleib der nicht mehr nutzbaren radioaktiven Reststoffe nachgedacht. Erstes Ergebnis dieser Überlegungen war der Ankauf des aufgelassenen Salzbergwerks Asse II durch die damalige Bundesregierung.
Unter den Regierungen Brandt und dann Schmidt erfolgte die Suche nach geeigneten Standorten für ein "Nukleares Entsorgungszentrum" in der Bundesrepublik Deutschland. Kernstück dieses Zentrums sollte eine Wiederaufarbeitungsanlage für Kernbrennstoffe sein, in der noch nutzbare Spaltstoffe zurückgewonnen werden sollten. Der nicht mehr brauchbare Rest sollte an Ort und Stelle konditioniert und endgelagert werden. Mit der Suche nach dafür geeigneten Standorten wurde die Firma KEWA GmbH (Kernbrennstoff Wiederaufarbeitungs Gesellschaft mbH) vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) beauftragt. KEWA nahm in enger Abstimmung mit vielen Fachleuten und dem BMFT die Arbeiten im Jahr 1974 auf. Ich war damals bei KEWA der Projektleiter dieser Standortsuche. Leitfaden für die Arbeiten war ein mit allen Beteiligten abgestimmmter Katalog von Kriterien, die eingeteilt wurden in umwelt- und sicherheitsrelevante Kriterien und solche, die die Wirtschaftlichkeit des Projektes betrafen. Beide Kriteriengruppen wurden mit einer Gewichtungsskala versehen. Die zu den Kriterien ermittelten Daten wurden dann einem zuvor definierten Bewertungsschema unterworfen. Damit war ein völlig transparentes Ermittlungsverfahren geschaffen worden, mit dem die am besten geeigneten Standorte für ein Nukleares Entsorgungszentrum nachvollziehbar benannt werden konnten. Eine parlamentarische Behandlung dieses Vorgehens und eine Festschreibung in einem Bundesgesetz fand damals nicht statt.
Dies soll jetzt, fast 40 Jahre später, bei einem neuen Suchverfahren erfolgen. Allerdings werden nun Standorte für ein Endlager und nicht für ein Nukleares Entsorgungszentrum gesucht. Deshalb wird der Kriterienkatalog heute anders sein als damals. Wichtig ist, wie damals, dass die Suchkriterien nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten ausgesucht und gewichtet werden und die ermittelten Daten einem definierten Bewertungsschema unterzogen werden. Subjektive und politische Kriterien wie "Standort X kommt von vornherein nicht in Frage" würden das Vorgehen entwerten und angreifbar machen. Dass das jetzt geplante Vorgehen dem parlamentarischen Verfahren unterworfen und gesetzlich festgeschrieben werden soll, ist zu begrüßen, weil es der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Endlagersuche dient.
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