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Leserbrief Brot für die Welt nur für die Satten von Dr. Lutz Niemann, FAZ 06.12.2008
Die Laufzeit eines Kernkraftwerkes wird bestimmt von der möglichen Einsatzzeit des Reaktordruckbehälters, der durch die Bestrahlung mit Neutronen Veränderungen in seinen Festigkeitseigenschaften erfährt. Hierzu ergibt sich durch Extrapolation der derzeitigen Daten bis zur kumulierten Neutronenflußdichte von 5 mal 10 hoch 18 n/cm² beim Kernkraftwerk Biblis A eine mögliche Laufzeit von 83 Jahren. Es ist also vernünftig, heute eine Betriebszeit von 60 Jahren zu erlauben, wie es in den USA getan wird. Wenn diese Zeit vergangen ist, wird man die Daten erneut beurteilen und entsprechend handeln. Wenn Deutschland seine Kernkraftwerke schon nach ca. 38% seiner Lebensdauer auf den Müll wirft, ist das ein Zeichen von Dummheit bzw. von zu viel Geld in der Kasse. Schließlich hat auch jeder BMW-Fahrer die Freiheit, sein Gefährt schon nach 4 Jahren zu verschrotten, denn es sind ja seine eigenen Ressourcen, die auf dem Müll landen.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken setzt sich für ”die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger“ ein. Das erstaunt, schließlich läuft das Programm bei Biomasse unter flotten Sprüchen wie ”Vom Landwirt zum Energiewirt“ oder ”Kornkraft statt Kernkraft“. In Deutschland wachsen inzwischen auf 18% der Ackerfläche Energiepflanzen (nach Heinloth). Das bedeutet, dass für ca. 10 Millionen Menschen die Lebensmittel nicht mehr in unserem Lande erzeugt werden, sondern auf dem Weltmarkt zugekauft werden müssen. Bei uns kehrt dadurch kein Mangel ein, aber in anderen Ländern werden die Nahrungsmittel teurer. Fast eine Milliarde Menschen auf der Erde hungert, es ist nicht genug für alle da. Auch die evangelische Kirche sollte überlegen, ob der Spruch ”Brot für die Welt“ bei gleichzeitiger Umwidmung von Ackerfläche zur Energieerzeugung nicht eine Verhöhnung der wirklich Armen durch die Satten dieser Erde darstellt.
Dr. Lutz Niemann
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