Google

WWW
buerger-fuer-technik.de
 

Leserbrief Abschalten - Nein danke

Home > Leserbriefe > Leserbrief Wie Zucker im Bodensee

Leserbrief “Abschalten - nein danke”

2 Leserbriefe zum Artikel von Prof. Vahrenholt: ”Abschalten, nein danke“,
DIE WELT vom 07.02.2009 :
Dr. Ulf Rohne-Liebenau, Marl, und Prof. Dr. Helmut Alt, Aachen, 11.02.2009

Wenn ein ausgewiesener Experte wie Professor Vahrenholt, der sich hauptberuflich mit erneuerbaren Energien befasst, darauf hinweist, dass die Atomkraft bis auf Weiteres unverzichtbar ist, sollte das auch fanatischen Atomkraftgegnern zu denken geben, zumal nicht wenige von ihnen auch den Bau neuer, effektiverer Kohlekraftwerke ablehnen (bekanntlich kommt der Strom aus der Steckdose). Die erneuerbaren Energien unterliegen tageszeitlichen Schwankungen im Aufkommen, selbst die Wasserkraft ist von der jahreszeitlichen Wasserführung abhängig. Der „Atomausstieg“ in der Bundesrepublik ist wie das Stück Zucker im Bodensee, so eben noch nachweisbar, aber ohne jeglichen Effekt global gesehen. Wenn in Europa weit über 100 Atomreaktoren stehen und die deutschen abgeschaltet werden, bekommen wir eben Atomstrom zum Beispiel aus Frankreich oder Schweden. Die Energieversorger sind verpflichtet, für eine ausreihende Stromversorgung Tag und Nacht zu sorgen, sie müssen also „Regelenergie“ bereithalten, um Schwankungen beziehungsweise den Ausfall der erneuerbaren Energien zu kompensieren. Diese Tatsache wird gerne bei der Diskussion über den Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromerzeugung übersehen. Außerdem wird dieser Anteil als Nennkapazität („name plate capacity“) angegeben, der jedoch selten wirklich erreicht wird. Kurz, die erneuerbaren Energien können nur bedingt zur Energieversorgung beitragen.

Das soll keinesfalls davon abhalten, auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien zu forschen und Testanlagen zu installieren. Das bringt dann auch Aufschluss, ob Offshorewindkraftanlagen wirtschaftlich zu betreiben sind. Solarkraftwerke (keine Dachanlagen) verwenden keine Fotovoltaik, sondern arbeiten mit Spiegeln, die die Sonnenwärme auf Wärmeträger zur Stromerzeugung fokussieren, weil die Fotovoltaik zurzeit unwirtschaftlich ist. Nur die hohe, von der Allgemeinheit finanzierte Einspeisevergütung lässt es zu, das Dachanlagen sich tragen oder sogar einen Gewinn abwerfen. Wenn Ex-Minister Trittin behauptet, dass die hohen Einspeisevergütungen keine Subventionierung, sondern „nur“ eine Umlagefinanzierung seien, ist das pure Volksverdummung. Der wachsende Energiebedarf von China und Indien ist kurzfristig nur mit Kohlekraftwerken und längerfristig mit Atomkraftwerken zu decken. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass insbesondere die deutschen Bemühungen zur Verminderung des CO2-Ausstoßes einen Kampf gegen Windmühlenflügel darstellen.

Dr. Ulf Rohde-Liebenau, Marl

Das Scheitern der Energiepolitik der großem Koalition kommt den Bürgern mit jährlich rund sieben Milliarden EURO bereits sehr teuer zu stehen. Das Selbstbewusstsein der Ökostrombranche und des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) ist nur zu verstehen, wenn man jedwedes energietechnische und energiewirtschaftliche Fachwissen, so wie es an deutschen Hochschulen vermittelt wird, bewusst ignoriert. Die zeitgleiche Einspeiseleistung der rund 20 000 Windenergieanlagen in Deutschland war im vergangenen Jahr am 2.8., 12.8., 17.12., 18.12., 30.12., und anderen Tagen exakt gleich NULL. Ohne die entsprechende Leistung der derzeit noch vorhandenen Grundlastkraftwerke, dies sind in erster Linie die Kern- und Braunkohlekraftwerke, wäre zu den genannten Zeiten die Stromversorgung in Deutschland nicht möglich gewesen.

Tatsache ist, dass die Stromversorgung in Deutschland an windstillen Tagen ebenso sicher ist wie an windigen Tagen, das heißt, die 20 000 Windenergieanlagen sind eigentlich überhaupt nicht erforderlich. Weil sie nun aber mal da sind, erhöhen sich derzeit die schon die Stromerzeugungskosten zu Lasten aller Strombezieher. Die Aluminiumindustrie ist dabei, unser Land zu verlassen.

Prof. Dr.-Ing. Helmut Alt, Aachen