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Keine Energierzeugung ohne Braunkohle

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Keine Energieerzeugung ohne Braunkohle
- Besichtigung des BoA-Kraftwerks in Niederaussen -
von Klaus Ridder, Oktober 2009

Viele Menschen in diesem unserem Lande sind der Auffassung, dass Braunkohlekraftwerke „Dreckschleudern“ sind. Vielleicht haben sie noch die Kraftwerksgeneration der 50er Jahre im Auge? Wir wollten es wissen, und besuchten mit unserer Arbeitsgemeinschaft ”Energie und Umwelt“ das Braunkohlekraftwerk in Bergheim-Niederaussem.

Prof. Dr. Helmut Alt (FH Aachen) hatte uns eine etwas andere Führung vermittelt. Was wir zu sehen bekamen, war faszinierend. Auch die Diskussionen mit Dipl.-Ing. Günther Schmitz, beschäftigt in der Stabsstelle Braunkohlenkraftwerke – Querschnittsaufgaben – bei der RWE Power AG in Niederaussem, und Prof. Dr. Helmut Alt einer der führenden Experten in Sachen Stromerzeugung und Stromübertragung, erbrachten viele Informationen.

Braunkohle aus der Ville
Blickte ich früher von meinem Mietshaus in Köln-Weidenpech in Richtung Westen, so waren m Horizont riesengroße Anlagen zu erkennen, aus denen Rauch und Wasserdampf aufstieg. Fuhr man dann in Richtung Westen, so konnte man die riesigen Braunkohlegruben von Aussichtspunkten aus betrachten. In 300 m Tiefe wurde hier Kohle mit Baggern geschürft und über riesige Förderanlagen zunächst zu einer Verladestation befördert und dann mit einer eigenen Eisenbahn in die Kraftwerke gefahren. Ab und zu liest man auch in den Zeitungen, dass Autobahnen gesperrt werden mussten, weil Schaufelbagger sie überquerten. Ja und dann gab’s in den letzten Jahren noch politische Diskussionen, weil die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn gegen eine weitere Ausweitung des Abbaugebietes in Hambach war.

Abgebaut wurde früher westlich von Brühl in der sog. Ville. Dieses Gebiet ist heute weitgehend rekultiviert. Die neuen großen Abbaugebiete sind Garzweiler I, westlich von Grevenbroich gelegen, Hambach, nördlich der A4, und Inden, südlich von Jülich. Wir besichtigen Niederaussem, das 1963 mit zwei 150 Megawattblöcken ans Netz ging. Von 1965 bis 1974 wurde es um 6 Blöcke erweitert und hatte eine Leistung von 2.700 Megawatt.

Gegen Ende der 80er Jahre wurden die Stromerzeuger aufwendig mit Rauchgasentschwefelungsanlagen und Entstickungseinrichtungen nachgerüstet. Als Nebenprodukt der Rauchgasentschwefelung fallen für das Jahr tausende Tonnen Gips an; ein wertvoller Baustoff, der in einer in den 90er Jahren errichteten Anlage zu handelsüblichen Produkten für die Baustoffindustrie weiterverarbeitet wird.

Besondere Bedeutung kommt dem Kraftwerkstandort Niederaussem zu, weil hier seit dem Jahre 2003 der erste und bislang einzige BoA-Block im Regelbetrieb Strom mit einem hohen Wirkungsgrad von etwa 45% erzeugt. BoA ist eine Abkürzung und steht für ”Braunkohlenkraftwerk mit optimierter Anlagentechnik“.
Und diese Anlage wurde von uns besichtigt.

Diskussion um die Stromerzeugung
Mit informativen Vorträgen wurden wir auf die Besichtigung vorbereitet. 13 % des deutschen Strombedarfs(deutschlandweit sind es etwa 25%) wird in den Braunkohlekraftwerken westlich von Köln erzeugt. Der physikalisch-technische Vorgang, dass man Kohle verbrennt und damit Dampf erzeugt, mit dem dann Turbinen angetrieben werden, die wiederum einen Generator eintreiben, ist normal. Aber in dem BoA-Kraftwerk ist der Wirkungsgrad deutlich erhöht. Er beträgt ca. 43 % - statt der sonst üblichen 30 bis 33 %.

Im BoA-Kraftwerk werden in jeder Stunde 847 Tonnen Braunkohle verbrannt und damit 2.663 Tonnen Dampf erzeugt; das entspricht einer Wärmeleistung von 2.306 Megawatt.

Bei der Verbrennung der Kohle im Kessel wird nicht nur Dampf erzeugt, sondern es entstehen auch Rauchgase, die Stickoxide, Schwefeldioxid und Staub enthalten. Bei diesen Substanzen handelt es sich um Luftschadstoffe, die nur in sehr geringen vom Gesetzgeber festgelegten Mengen in die Atmosphäre gelangen dürfen. Die Stickoxidbildung wird bereits im Dampferzeuger vermindert, und zwar durch gezielte Zufuhr der Verbrennungsluft. Ascherückstände aus der Verbrennung werden aus den Rauchgasen entfernt, in dem die Staubpartikel in den sog. Elektrofiltern statisch aufgeladen und an Plattenelektroden abgeschieden werden. Die so gefilterten Rauchgase weisen nach dieser Behandlung lediglich 0,1 % der ursprünglichen Staubmenge auf. Die Entschwefelung vollzieht sich mit Hilfe einer Suspension aus einem Kalkpulver und Wasser, mit der die Rauchgase in der Rauchgasentschwefelungsanlage beregnet werden. Kalk und Schwefel verbinden sich dabei zu Gips, der später von der Bauindustrie genutzt wird. Die gründlich gereinigten Rauchgase unterschreiten die strengen deutschen Grenzwerte deutlich und können nun über den Kühlturm in die Atmosphäre entlassen werden.

Übrigens werden die heißen Rauchgase dazu benutzt, die Braunkohle, die einen Feuchtigkeitsanteil von 55 % hat, zu trocknen. Nach dem Trocknungsprozess wird die Braunkohle fein gemahlen, um dann einen optimalen Verbrennungsvorgang in den riesigen Öfen zu gewährleisten.

Mit den Dampf wird 3mal ein Turbinenrad stufenförmig angetrieben. Der Dampf hat nach der dritten Turbine eine so geringe Temperatur, dass er zu Wasser kondensiert und dann dem Kreislauf wieder zugeführt werden kann.

Der den Turbinen nachgeschaltete Generator leistet 1.000 Megawatt. Und läuft praktisch ununterbrochen.

Es wird nochmals betont, dass der BoA-Prozess einen Wirkungsgrad von 43 % hat, d.h. dieser Prozentsatz der in der Braunkohle enthaltenen chemischen Energie wird effektiv in elektrische Energie umgewandelt. Bei älteren Kraftwerkswerken geschieht dies mit einem Wirkungsgrad von 31 bis 35 %. Künftig will man bei weiterer Verbesserung der Technik über 50 % Wirkungsgrad erreichen.

Prof. Dr. Helmut Alt geht in seinem Vortrag auf die Stromversorgung und den Strom-Mix in Deutschland ein. Braunkohle ist für ihn ein sehr wichtiger Bestandteil des sog. Strom-Mixes, weil Braunkohle in heimischen Abbaugebieten gewonnen werden kann.

Alt beleuchtet auch die alternativen Energien. Diese können die Grundlast in der Stromerzeugung, die durch Braun-, Stein- und Kernkraftwerke erzeugt wird, nicht ersetzen. So können beispielsweise Off-shore-Anlagen, wie sie derzeit in der Nordsee gebaut werden, Strom nicht zu jeder Zeit erzeugen., auch Photovoltaik-Anlage arbeiten weniger als 10% im Jahr.

Alt beleuchtet auch kurz das Thema Strom aus Afrika. Eine Verwirklichung des sog. DESERTEC-Projektes ist vollkommen unrealistisch. Man kann Strom nicht über 5.000 bis 6.000 km transportieren. Selbst wenn man den Leitungsquerschnitt verdreifacht gegenüber der heutigen Drahtdicke, dann braucht man immer noch 50 parallele Leitungen, um den Strom zu transportieren. Bei Verdreifachung des Leitungsquerschnitts – was ja wirtschaftlich und technisch Unsinn ist - würde es immer noch einen Verlust von 15 % geben.

162 m hoher Ofen
Die Besichtigung des neuen BoA-Blocks beginnt. Wir werden mit Schutzhelm, Sicherheitsschuhen und Kopfhörern ausgerüstet. Bei dem Krach in der Ofenanlage wäre ansonsten keine Verständigung möglich. Wir sehen den riesigen Ofen, der über eine Höhe von mehr als 100 m nach oben führt. Wir besichtigen den Generatorraum, wo der 1.000 Megawatt leistende Generator mit den 3 vorgeschalteten Turbinen steht. Wir beobachten Arbeiter, die das Mahlwerk reparieren, mit denen die vorgetrocknete Braunkohle zu Staub gemahlen wird. Höhepunkt ist dann die Fahrt auf das 162 m hohe Gebäude. Von hier aus genießen wir einen Blick auf Köln und die Ville sowie auf das in der Ferne liegende Braunkohlekraftwerk in Weißweiler. Vor uns der riesige Kühlturm, aus dem Wasserdampf aufsteigt, das mit gereinigtem Rauch vermischt ist. Einen Schornstein hat die Anlage nicht.

Zu erkennen auch die riesige Förder-Grube in Garzweiler I sowie der 170 m hohe Berg mit Abraum., der zu einer Freizeitanlage umgestaltet wurde.

Abschließend geht’s noch in die Schaltzentrale. 4 Personen überwachen hier die Anlage. Große Bildschirme zeigen den Verbrennungsvorgang in den über 100 m hohen Ofen an. An einer Leuchtanzeige erkennen wir, dass derzeit eine Leistung von 998 Megawatt erzeugt wird.

Resümee
Ohne Braunkohle geht’s nicht. Braunkohlekraftwerke sind keine Dreckschleudern. Auch künftig wird die Brauchkohle einen großen Anteil an der deutschen Energieerzeugung haben, zumal wir sie im eigenen Land vorfinden. Sollte der politische Wille sich durchsetzen, eine Anlage zum Abspalten von CO2 einbauen zu müssen, so wird die Rentabilität der Braunkohlekraftwerke darunter leiden und die Verbraucher müssen es zahlen.

 

Klaus Ridder, Königswinter