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veröffentlicht 03.06.2011
Dr. Peter Kafka Leserbrief an die VDI Nachrichten Nr. 18, 6. vom 07.05.2011
Informationsstand der Ingenieure zu Kernkraftwerken
Es ist erschreckend, wie bescheiden der Informationsstand vieler Ingenieurskollegen bezüglich der Kerntechnik und insbesondere zu Kernkraftwerken (KKWs) ist. Dies geht aus jeder Ausgabe der VDI Nachrichten hervor, insbesondere aus der Rubrik der Leserbriefe. Zwei aktuelle Beispiele seien herausgegriffen. Die Notfallplanung und die Fehlertoleranz bei KKWs.
Es war Lesermeinung nach dem Ereignis Fukishima, dass die KKW Betreiber und die zuständigen Behörden doch endlich auch an Notfälle (Unfälle) in KKWs denken sollen und dafür Übungen durchführen und Ressourcen bereitstellen sollten. Dem hat nun in der Ausgabe Nr. 18 der Kollege E. Wyrsch wohl ausführlich, und als längst in die Praxis umgesetzt, widersprochen. Wobei lebenslanges Lernen zu diesem Thema sicher nützlich ist.
Die von mehreren Lesern angemahnte “Fehlertoleranz” ist in Kernkraftwerken weitergehend umgesetzt als in allen anderen Technologien mit Schadenspotential. Die fünf Säulen: 1) konservative Auslegung, 2) Einsatz betriebsbewährter Komponenten, 3) gestaffelte Sicherheitsbarrieren, 4) redundante Sicherheitssysteme und 5) diversitäre Notfallmaßnahmen führen zu einer beispielhaften Fehlertoleranz. Man muss dabei an rund 440 KKWs weltweit mit inzwischen ca. 14.000 kumulierten Reaktorjahren denken.
Unfallbedingte Freisetzungen radioaktiver Spaltprodukte sind bisher nur am KKW Three Mile Island (durch Übersehen einer Ventilstellung mit anschließenden Fehlbedienungen in einer Ereigniskette), dem militärisch genutzten Sonderrreaktor Tschernobyl (durch falsche Kernauslegung und verbotenem Handeingriff in das Reaktorschutzsystem) und nun am Reaktorkomplex Fukushima (durch eine Naturkatastrophe, für die diese Reaktoren nicht ausgelegt waren), entstanden. In allen anderen Fälen von unvermeidlichen Betriebsstörungen oder Komponentenausfällen waren die KKWs über 14.000 kumulierte Betriebsjahre so fehlertolerant ausgelegt, dass keine unfallbedingten radioaktive Freisetzungen erfolgten. Kennen die Ingenieurskollegen Fahrzeuge, Eisenbahnzüge, Bohrplattformen, Chemiewerke, Flugzeuge, Staudämme, Bergwerke, Medizingeräte, die durch Fehlertoleranz ungewollte Ereignisse so abfangen, dass am Ende der Ereigniskette nach ca. 14.000 kumulierten Betriebsjahren kein Personenschaden auftritt? Wohl im Gegenteil. Die Anzahl der Opfer aus den zitierten anderen Technologien ist deutlich höher bezogen auf kumulierte Betriebszeiten als in der Kerntechnik.
Fehlender Informationsstand von Ingenieuren ist besonders dann bedenklich, wenn sich diese Kollegen als Meinungsbildner oder gar als Entscheider profilieren wollen.
Dr. techn. Peter Kafka Habeintenweg 129 A-9710 Feffernitz Tel.: ++43 (0) 720 350 335 Fax: ++43 (0) 720 350 336 Mobile: ++43 (0) 660 655 2600 email: drpkafka@netcompany.at www.relconsult.de
Feffernitz, 7.5.2011
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