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Bericht von Dr. Lutz Niemann vom 23. Juni 2006, überarbeitet 19.04.2007 zum Thema: Endlager für CO2 – wie gefährlich ist das?
Im “CO2-freien Kohlekraftwerk“ wird die Kohle mit reinem Sauerstoff verbrannt, so dass als Rauchgas nur reines CO2 entsteht. Dieses kann aufgefangen werden und soll unter hohem Druck in tiefen geologischen Schichten, z. B. alten Bergwerken, erschöpften Erdöl- oder Erdgaslagerstätten, endgelagert werden. Bei Druckerhöhung auf 55bar kann CO2 zu einer Flüssigkeit mit der Dichte 0,76g/ml verflüssigt werden. Es stellt sich die Frage nach der Gefahr des unterirdisch gelagerten CO2: Kann es zu dazu kommen, das endgelagertes CO2 wieder die Erdoberfläche erreicht und dort das Leben erstickt? CO2-Gas ist schwerer als Luft, es sammelt sich daher an tiefen Stellen, wenn die Luftbewegung eingeschränkt ist. Bei Konzentrationen über 10% CO2 in der Atemluft führt es zur Bewusstlosigkeit. Da CO2 geruchlos ist, kann ansteigender Gehalt in der Luft vom Menschen nicht bemerkt werden. Schon bodennahe CO2 -Ansammlungen in Gärkellern, Höhlen oder Besucherbergwerken können Gefahren bergen, insbesondere für Kleintiere wie zum Beispiel Hunde [1]
Für unsere Überlegungen wählen wir als Zahlenbeispiel ein typisches Steinkohlekraftwerk der Mittellast, und zwar das Kraftwerk Mehrum in der Nähe von Hannover am Mittellandkanal (692 MW, Wirkungsgrad 40%, Kohleverbrauch 900 000 t pro Jahr bei 4400 Betriebsstunden). Dort werden pro Jahr rund 3 Mill. t CO2 mit dem Volumen von 1500 Mill. m³ (unter Normalbedingungen) produziert und in die Luft geblasen. Diese Menge ist das 7,5-fache vom Fassungsvermögen des Ederstausees, des größten deutschen Stausees, oder das 15-fache vom Fassungsvermögen des Sylvensteinspeichers. In der durch Druck verflüssigten Form nimmt diese CO2-Menge ein Volumen von 4 Mill. m³ ein, auch das ist noch ein wahrhaft gigantisches Volumen. Daher benötigt das „CO2-freie Kohlekraftwerk“ ein ständig zur Verfügung stehendes Endlager. Eine Zwischenlagerung des CO2 ist nicht möglich, denn die dazu erforderlichen Duckbehälter müssten ebenfalls gigantische Ausmaße haben. Weitere Info finden Sie unter http://www.energie-fakten.de/html/kohlendioxid.html
CO2-Ausbruch am Nyos-See [2]
Im Jahre 1986 gab es am Nyos-See, einem Kratersee in Kamerun eine schlimme Naturkatastrophe, bei der rund 2000 Menschen zu Tode kamen. Dort wurde explosionsartig eine CO2-Gaswolke aus dem See freigesetzt, die alles atmende Leben erstickte. Das CO2-Gas vulkanischen Ursprunges hatte sich im Tiefenwasser des sehr tiefen und stillen Sees über lange Zeiten hinweg angereichert und kam plötzlich zum Ausbruch. Das schwere Gas verdrängte die Luft, füllte wie Wasser die Täler aus, wälzte sich durch die Täler und erstickte bis in eine Entfernung von 20 km Menschen und Tiere. Der CO2 -Ausbruch vom Nyos-See ist kein Einzelereignis extremer Seltenheit, schon 2 Jahre zuvor gab es an dem in der Nähe gelegenen Monoun-See einen ähnlichen Gasausbruch mit 37 Opfern.
Das Ereignis vom Nyos-See zeigt die Gefahr von unterirdisch gelagertem CO2 an. Die 1986 in Kamerun freigesetzte CO2 -Menge wird auf 170 Mill. m³ geschätzt, das ist nur gut ein Zehntel der Menge, die unser Vergleichskraftwerk Mehrum im Jahre liefert. Die Gefahr durch endgelagertes CO2 von einem einzigen kleinen Kohlekraftwerk wäre also noch um ein vielfaches größer.
Bombardierung der Staumauer des Edersees im Mai 1943 [3]
Dieses Ereignis im Bombenkrieg des Zweiten Weltkrieges führte zu einem Bruch der Staumauer der Edertalsperre. Die Wassermassen schossen zu Tal und brachten über 2000 Menschen den Tod.
Wasser und CO2 zeigen ähnliches Verhalten, sie füllen Bodensenken, sie fließen zu Tal. So wie das Wasser des Edersees im Krieg, so ähnlich könnte auch die ungleich größere CO2 -Menge unseres Vergleichskraftwerkes bei einer Freisetzung Tod und Verderben bringen.
Blow-out von Offshore-Bohrungen [4]
Blow-out nennt man den unkontrollierten Ausbruch von Erdöl oder Erdgas, der besonders für Offshore-Bohrungen ein hohes Risiko beinhaltet. Es gibt in der Nordsee Bohrplattformen mit einem Einzelwert bis zu 2 Mrd. US-$, entsprechend groß sind die Schäden bei einem derartigen blow-out-Ereignis. In 4 sind für den Zeitraum von 1974 bis 1985 insgesamt 90 Großschäden in der Meerestechnik dokumentiert, davon sind rund 20% durch einen blow-out verursacht wurden. Es handelt sich also um eine häufige Schadensursache. Die Bohrungen lassen sich nicht sicher abdichten, auch werden durch das Abpumpen des Erdöles und Erdgases Veränderungen erzeugt, die das in der Tiefe vorhandene und unter hohem Druck stehende Gas oder Öl an die Oberfläche pressen und so ein Schadensereignis mit hohen Verlusten zur Folge haben. Im Dezember 2003 forderte ein derartiges Unglück in China 191 Menschenleben 5, in der Nordsee sprudelt seit 1990 aus einem aufgegebenen Bohrloch Methan und CO2 6.
In gleichem Maße, wie Erdöl und Erdgas unkontrolliert zum Ausbruch kommen können, ist es auch mit endgelagertem CO2 zu erwarten, wenn es in ausgebeutete Gas- oder Ölfelder eingepresst wird. Überall dort entstehen Veränderungen im Untergrund. Diese werden in den langen Zeiträumen, in denen absolute Dichtheit der CO2-Endlager gefordert werden muß, erhalten bleiben und die spezifisch leichtere Bereiche werden nach oben drängen. Das ist belanglos in Wüstengegenden oder Ölbohrungen im Meer, aber es führt zu Problemen in besiedelten Gebieten. Damit verbietet es sich aus Vorsorgegründen von selbst, über bewohntem Gebiet ein CO2-Endlager einzurichten.
Deutung des Tunguska-Kometen als Methan-Ausbruch [7, 8]
Im Jahr 1908 ging über Sibirien ein Komet nieder, verbunden mit gewaltigen Explosionen und Lichterscheinungen. Das Einschlaggebiet war weit ab jeglicher Siedlungen, es konnte erst Jahre später von Wissenschaftlern besucht werden. Man fand in einem Umkreis von 30 bis 40 km die meisten Bäume abgeknickt. Aber man fand keinen Einschlagkrater und keine Gesteinsbrocken von dem Himmelkörper, das war ungewöhnlich 7.
In einer anderen Deutung dieses Ereignisses wird von einem Methan-Ausbruch ( = Erdgas, es enthält rund 90 % Methan) aus dem Untergrund gesprochen, also ein blow-out auf dem Festland. Das Methan kam zur Explosion und ergab die Lichterscheinungen, die Druckwelle knickte die Bäume 8.
Ebenso wird das plötzliche Verschwinden von Schiffen, z. B. im Bermuda-Dreieck, dem Ausbruch riesiger Gasmassen aus der Tiefe zugeschrieben. Das durch Gas aufgeschäumte Wasser hat geringere Dichte, damit vermindert sich für Schiffe der Auftrieb (Prinzip des Archimedes) und diese sinken. Die physikalische Begründung ist einleuchtend, eventuell handelt es sich bei diesen Geschichten aber doch um „Seemannsgarn“. Meldungen der beschriebenen Art gibt es immer wieder [9].
Schlußfolgerungen
Es ist sicher, daß in der Tiefe der Erdkruste eingeschlossen Gase nach oben steigen können und das Leben bedrohen können. In der Vergangenheit hat es viele derartige Ereignisse gegeben, wobei die ausgeströmten Gasmengen wie beim Nyos-See gar nicht so groß waren.
Die CO2-Mengen von einem Kohlekraftwerk der Mittellast sind um ein vielfaches größer, die davon ausgehenden Gefahren bei unterirdischer Lagerung ebenfalls.
Es ist unverständlich, wie heute dem Endlager von in der Menge sehr geringen aber festen Abfallstoffen eines Kernkraftwerkes Gefahren angedichtet werden, die Endlagerung der gasförmigen Abfälle eines Kohlekraftwerkes auf genau die gleiche Weise von Medien, Politik und Stromwirtschaft aber mit Euphorie begleitet wird.
Bei nüchterner Betrachtung zeigt sich:
Das “CO2-freie Kohlekraftwerk“ hat keine Zukunft, die Versuche dazu sind schon heute ein aussichtsloses Unterfangen.
Literatur
[1] Römpp, Chemielexikon [2] Marguerite Holloway, „Killer-Seen“, Spektrum der Wissenschaft Jan. 2001, Seite 70 bis 77 [3] google-Suche unter Edertalsperre, im ”Zweiter-Weltkrieg-Lexikon“ [4] Münchener Rückversicherungsgesellschaft, „Wirtschaftsraum Ozean“, 1988 [5] ”Giftgasunfall in China fordert 191 Menschenleben“, FAZ vom 27.12.2003 [6] Rüdiger Schacht, „Methanausbruch in der Nordsee“, Bild der Wissenschaft 3 / 2007 [7] J.-L. Bertaux in IRO-Atlas der Astronomie, 1986, Kapitel „Kometen“ [8] Dagmar Röhrlich, ”Es war kein Meteorit, der die Katastrophe in der Tunguska auslöste“, DIE WELT vom 05.10.2002 [9] Siegfried Helm, ”Bermuda-Dreieck in der Nordsee“, DIE WELT vom 01.12.2000
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