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Ein Besuch im Bergwerk Asse

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veröffentlicht 12.02.2012

Dr. Hermann Hinsch 

Ein Besuch im Bergwerk “Asse“ am 07.02.2012

In unserer technischen Welt leben wir so sicher, wie das früher undenkbar war. Die Menschen werden älter, und immer weniger sterben vorzeitig. Trotzdem gibt es noch Risiken. Um die kümmern sich viele unserer mehr als 30 Bundesämter mit ihren Mitarbeitern aus dem technischen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Bereich. Und die Präsidenten sind erfahrene Experten aus den jeweiligen Gebieten? Nein, bis auf wenige Ausnahmen. Es sind Juristen oder andere, welche wahrscheinlich schon in der Schule wenig Freude an Mathematik, Technik und Naturwissenschaften hatten. So ist das z. B. beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, beim Kraftfahrt-Bundesamt, beim Luftfahrt-Bundesamt, und beim Eisenbahn-Bundesamt.

Man muss es daher als normal ansehen, dass unser Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) von einem fachfremden grünen Politiker geleitet wird. Ihm untersteht das Bergwerk Asse, und das durfte ich zusammen mit 4 anderen Fachleuten aus naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen am 07.02.2012 besuchen.

Wir wurden in dem schönen neuen Info-Gebäude von Herrn Dr. Bautz freundlich begrüßt, einem Historiker. Er betreute uns den ganzen Tag, erklärte uns alles und beantwortete unsere Fragen.

Allerdings: Wenn schon Historiker, dann hätte man erwarten können, dass er die Sache in einen großen Zusammenhang stellt. Würde z.B. ein guter Historiker die Reise von Christoph Columbus darstellen, ohne auf deren Zweck und auf die Folgen einzugehen, und nur etwas über Schiffbautechnik und Navigation erzählen?

Zum Zweck der Tätigkeiten in der Asse hatte Herr Bautz nur zu sagen, es ginge um die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben. Das war auch beim früheren Betreiber GSF selbstverständlich. Keiner der damaligen Verantwortlichen wurde wegen Gesetzesübertretungen angeklagt.

Man könnte spekulieren, dass es doch sehr weitgehende Ziele gibt, nämlich Deindustrialisierung, Erzeugung von Angst oder so etwas. Ich werde aber nicht spekulieren, sondern hier einfügen, wie die Sache in einem naturwissenschaftlichen Rahmen zu beurteilen ist.

Wir leben von Natur aus in einer radioaktiven Welt. Es ist sehr zweifelhaft, ob wir darunter leiden, aber selbst wenn, müsste man fragen: Um wie viel schlimmer wird es durch industrielle Tätigkeiten? Das radioaktive Inventar der Abfälle in der Asse kann man dabei vergessen, es ist recht wenig im Vergleich zu den riesigen Massen an natürlichem radioaktiven Kalium 40 im Salzlager. Aus den Abfällen entweicht über die Abluft ganz wenig Radon und Tritium aus der Grube; mit letzterem ist es wegen dessen Halbwertszeit von 12 Jahren in absehbarer Zeit vorbei und Radon ist ein überall vorhandener Naturstoff. Dagegen kommt Kalium 40 immer schon in einer Quelle an die Oberfläche, mit rund 26 Becquerel pro Kubikmeter. Man stelle sich die Hysterie vor, wenn das künstlich wäre!

Aber auch das Deckgebirge ist nicht ohne, worauf schon Lutz Niemann hingewiesen hat (Der Asse“ Skandal“, Novoargumente Heft 99, 2009). In einem Volumen von 1 km ∙ 1 km ∙ 500 m tief ist etwa 20mal so viel natürliche Radioaktivität vorhanden (Uran, Thorium, Kalium, Radium, Rubidium) als in den radioaktiven Elementen der Asse, soweit sie Halbwertszeiten über 30 Jahre haben.

Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass das derzeitige (auch kurzlebige) Inventar der Asse nicht einmal 1/2000 der in den Castorbehältern in Gorleben liegenden Aktivität beträgt.

Dieses Null-Problem wird nun mit gewaltigem Eifer bearbeitet, im 4-Schichtenbetrieb und mit einem Finanzaufwand, wenn ich es richtig behalten habe, von 200 Millionen Euro pro Jahr.

In der Grube ist die Strahlendosis an den meisten Stellen geringer als von Natur aus auf der Erdoberfläche. Selbst wenn jemand, wie ich 9 Jahre lang, wirklich mit Radioaktivität zu tun hat, dann zeigt sein Personendosimeter nichts. Keine Chance wegen meiner Strahlenbelastung von 1982 bis 1991 eine Zusatzrente zu verlangen!

Unseren damaligen vielen Tausend Besuchern Dosimeter auszuhändigen, wäre völlig albern gewesen. Sie bekamen einen Helm, einen Kittel, eine Lampe und ein Atemgerät für den – nie eingetretenen – Brandfall.

Zurück zu Herrn Dr. Bautz. Er führte uns zur Sicherheitskontrolle. In einem eigens dafür hergestellten Raum überprüften uns zwei Sicherheitsleute genau wie in Flughäfen. Nachdem bei uns kein Sprengstoff und keine Waffen gefunden wurden, ging es zum Umkleiden. Wir hatten vorher Kleider- und Schuhgröße angegeben, so dass für jeden eine vollständige Bekleidung bereitlag. Auf Wunsch hätte man sein eigenes Unterzeug anbehalten dürfen. Dann führte uns Herr Bautz zum Schacht. Dort belehrte uns Herr Mike Kasten (Maschinenbautechniker, hat in der Grube die Funktion eines Steigers) über das Atemgerät und händigte uns Gamma-Dosimeter aus. Wir mussten unterschreiben, dass wir uns von der Nullanzeige dieser Geräte überzeugt hatten. Jeder wusste, dass die Anzeige auch nach der Ausfahrt auf Null stehen würde, denn die einzige, wenn auch winzige Strahlenbelastung in der Grube erhält man durch eingeatmetes Tritium und Radon, und beides zeigt ein Gammadosimeter nicht an.

Auf der 490 m-Sohle sahen wir die eindrucksvolle Maschinerie zur Verfüllung der Resthohlräume mit Beton. Zwar wurden die Grubenräume zu GSF-Zeiten mit Salz gefüllt, aber es blieb doch immer zwischen Salz und Decke eine Lücke von 40 cm bis zu 3 m. Da das Grubengebäude zusammensackt, würden sich diese Lücken von alleine schließen. Bei der GSF (früherer Betreiber) galt das als erwünschter Effekt. Das BfS machte daraus jedoch: Einsturz des Grubengebäudes. Heute nicht mehr, nach neuester Version stürzt die Grube gar nicht ein. Die Verfüllung bleibt aber äußerst wichtig, heißt es.

Auf der 750 m-Sohle wurden uns die Vorbereitungen zum Anbohren der Einlagerungskammern gezeigt. Man will feststellen, ob die Angaben der Abfall-Anlieferer stimmen, und in welchem Zustand die Abfallfässer sind. Da wird nun alles hergerichtet, was beim Umgang mit offenen Radioisotopen nötig ist: Schleusen, dekontaminierbare Fußböden, Messeinrichtungen.

Dr. Hermann Hinsch , Dreihornstr. 2, 30659 Hannover
Tel. 0511 - 64 986 90

E-Mail: jhhinsch@t-online.de