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 Das Atom und die CDU

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veröffentlicht 02.06.2011

Dr.-Ing. Hans Kruse

Brief an  ulli.kulke@welt.de vom 11.05.2011 zum Kommentar: Das Atom und die CDU

Sehr geehrter Herr Kulke,

endlich einmal ein vernünftiger Beitrag in der Welt zur Thematik "Atom und CDU".!

Sie beschreiben sehr gut, wie die Bundeskanzlerin mit dem Thema "Atom", entschuldigen Sie bitte den Ausdruck, "herumeiert". Vor Fukushima war sie für eine unbedingte Laufzeitverlängerung der AKWs, danach war sie für eine völlige Stilllegung und nun macht sie die angekündigte Stilllegung teilweise wieder rückgängig. Eine solche Politik entspricht nicht dem Niveau der bisherigen Bundeskanzler (einschließlich SPD) und hilft  evtl. nur ihr selbst, indem sie Wählerstimmen angstvoller Mitbürger kassiert. Sie ist aber dem Wohl des gesamten deutschen Volkes verpflichtet und schadet mit dieser Politik der Gesamtheit des deutschen Volkes, das nun auf ausländischen Strom angewiesen ist.

Statt, dass sich die Kanzlerin vorher bei Betreibern, GRS, Oko–institut oder TÜV erkundigt, welche Schwachstellen, auch die deutschen Reaktoren haben, hält sie diese zunächst für absolut sicher und die Besten der Welt.

Natürlich haben deutsche AKWs trotz gewisser kleinerer Schwachstellen und durch Alterung bedingter Mängel ein hohes Sicherheitsniveau. Diese Schwachstellen müsen aber durch diversitäre Sicherheitssysteme und andere Maßnahmen (wie Redundanz, Entmaschung, Qualitätssicherung, Fail-Safe-Prinzip, Konservative Auslegung etc.)  abgedeckt sein, so dass das Restrisiko für die Bevölkerung minimal ist und bei einem etwaigen ernsthaften Störfall fast keine Radioaktivität für die Bevökerung nach außen dringt. Am Kraftwerkszaun darf auch bei schweren Störfällen kein höherer Strahlenpegel als 0,3 mSievert auftreten (Das frühere 30 mrem-Prinzip des BMI, d. h.  0,3 mSv =  30 mrem ).

Eine Abschaltung der 7 älteren Reaktoren in Deutschland wird aber auf Dauer hier wohl auch nicht möglich sein, wie die SPD richtigerweise darauf hinwies. Denn es ist die Frage, ob die Franzosen bei weiterhin anhaltendem Niedrigwasser in Rhein, Mosel und Rhone uns dauernd billigen Atomstrom nach Deutschland werden liefern können. Außerdem müssen die älteren Kohle- und Gaskraftwerke deutscher Unternehmen, die jetzt zusätzlich Strom ins deutsche Netz einspeisen, demnächst aus Alterungsgründen stillgelegt werden. Dann droht in Deutschland ein "Blackout" und die Industrie u. Bevölkerung sitzt ohne Strom da. Darüberhinaus lassen sich die Ausländer ihren Strom teuer vergüten, so dass man auch mit Wind- und Solarstrom nicht dagegen anfahren kann. Heute schon kostet der Strom zu Normaltarifzeiten an der Leipziger Strombörse durchschnittlich mehr als 5,0 ct/kWh und Spitzenstrom sogar  bis zu 12 ct/kWh.  Strom aus einem deutschen Kernkraftwerk wie Biblis kostet dagegen weniger als 2,7 ct/kWh und kann damit 2/3 von Hessen versorgen. Die Qualität des von den Franzosen eingespeisten Stroms dürfte auch nicht so gut sein,  wie in Biblis erzeugter Strom, denn das Kernkraftwerk Biblis liegt an der instabilsten Schnittstelle im deutschen Verbundnetz, dort wo nord- und süddeutsches Netz zusammenkommen.

Biblis wurde extra an diesem Standort errichtet , um an dieser Stelle für gute Spannungs- und Frequenzstabilität zu sorgen. Eine Hochspannungs-Fernleitung von Frankreich kann niemals zu einer solchen Spannungskonstanz und Frequenzstabilitä am Schaltpunkt  Biblis führen, wie es das KKW Biblis bisher getan hat.

Hinzu kommt, dass die französischen Reaktoren alle viel unsicherer sind als die deutschen Kernkraftwerke. Das fängt bei den Beton-Sicherheitshülen an und setzt sich bei den Notkühleinrichtungen und Notstromversorgungen fort, um nur einiges zu nennen. Damit besteht eine dauernde Gefährdung der deutschen Bevölkerung im grenznahen Bereich, was auch die Grünen wissen. Daher gehören einige französische AKWs eigentlich sofort abgestellt, statt dass Deutschland von ihnen noch Stroim bezieht.

Wie Sie richtig schreiben, wird der Rest der Welt den deutschen Extravaganzen kaum folgen und auf Erneuerbare Energien umsteigen. Wenn wir den "Lebenssaft" Strom unserer Wirtschaft mit Wind- Solar- und Biomasse erzeugen wollen, dann stehen wir demnächst vor noch größeren Problemen:

1. Der Strom aus diesen Energiequellen ist viel zu teuer: Strom aus Wasserkraft kostet 3.35 ct, aus Windkraft an Land
7-9 ct, Windkraft auf See ca. 19-20 ct und Solarstrom aus Photovoltaikanlagen ca. 35-45 ct pro Kilowattstunde.

2. Der Strom aus Erneuerbaren ist stochastisch: Windstrom fällt nur dann an, wenn der Wind weht (d. h. von 8760 Stunden im Jahr nur ca. 1000 bis 1500 Stunden )  nur ca. 800 bis 1200 Stunden).
Steht kein Strom aus Erneuerbaren Energiequellen zur Verfügung, so muss Strom aus konventionellen Stromerzeugungsanlagen geliefert werden. Diese Anlagen müssen mit einer großen Reserveleistung vorgehalten werden,
d. h. beispielsweise für 5 GW Windleistung, welche nur im Durchschnitt eine Leistung von 1GW  liefert, müssen 5 GW an Kernenergie-, Kohle- oder Gas-Kraftwerksleistung vorgehalten werden.

3. Der Stromfluss im Hochspannungsnetz richtet sich nach dem Ohmschen Gesetz, auch wenn man bei großen Leitungsnetzen außer dem ohmschen auch noch den induktiven und kapazitiven Widerstand berücksichtigen muss. Da die Windgeneratoren fast alle in Zukunft hauptsächlich in Norddeutschland stehen werden,  die großen Stromverbraucher aber im Ruhrgebiet oder in Süddeutschland liegen, wird der Strom aufgrund des Leitungswiderstandes von Nord nach Süd von den Windenergieanlagen evtl. gar nicht zu den süddeutschen Verbrauchern richtig fließen, sondern er fließt hauptsächlich von den französischen Atomkraftwerken zu den großen Verbrauchern in Süddeutschland, denn man ist ja im europäischen Verbundnetz total verkuppelt. Der Windstrom wird dann von den großen Verbrauchern im Süden evtl. gar nicht richtig abgenommen und die norddeutschen Windräder werden ihren Strom gar nicht los. Dies nicht nur,  weil er viel zu teuer ist, sondern weil sich auch die Lastverteilung im Netz nach dem zum Verbraucher nächst gelegenen Generator richtet. 

Sehr geehrter Herr Kulke, ich habe versucht,  hier noch einmal kurz die Probleme mit den Erneuerbaren Energien aufzuzeigen, bevor dieses Land in einem großen Schlamassel versinkt. Da Sie ja in Berlin tätig sind, könnten Sie einmal die hier dargelegten Aspekte - wenn nicht der Kanzlerin - so doch ihrem Umweltminister Röttgen vielleicht vortragen. Wenn dies nicht möglich sein sollte, könnten Sie ja einmal Ihre Geschäftsführung ansprechen, ob nicht dieser oder ein ähnlicher Artikel in der "Welt" veröffentlicht werden könnte, damit wenigsten noch einige weitere Politiker von der CDU überhaupt kapieren, was für ein schlechter "Schildbürgerstreich" die neue Energiepolitik ihres Herrn Röttgen ist

Von etwaigen Tankerunglücken auf See, wenn Öltanker in Nord- oder Ostseestürmen havariert sein sollten und gegen einen Turm einer der vielen Windmühlen knallen, habe ich noch gar nichts geschrieben. Mir scheint die dabei entstehende Ölkatastrophe gefährlicher und wahrscheinlicher als ein GAU in einem deutschen Atomkraftwerk.!

Vielen Dank, dass Sie dieses Mail gelesen haben!

Mit freundlichen Grüßen
Dr.-Ing. Hans Kruse,
Birkenstr. 52, 69493 Hirschberg/Bergstr.
Tel. u. Fax: 06201-54752 ,Mail: HKKRUSE@AOL.com